Helfen statt zuzuschauen und Angst haben

  03.08.2022 Kaisten, Tradition

Gut besuchte 1. Augustfeier in Kaisten

In Kaisten sprach Elena Scheidegger an der vom Schützenverein und Petanque-Club Fricktal organisierten Bundesfeier. «Ich lebe bereits seit 23 Jahren in der Schweiz und habe nun die Möglichkeit, meinem eigenen Volk, hier vor Ort, zu helfen», so die Festrednerin.

Susanne Hörth

«Wieso stehe ich heute vor Ihnen», fragte Festrednerin Elena Scheidegger an der Bundesfeier in Kaisten ihre zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer. Zuvor hatten Kaistens Gemeindeammann Arpad Major begrüsst und anschliessend die Musikgesellschaft mit einem stimmungsvollen Potpourri das Publikum unterhalten.

Ihre Ansprache begann die im Kaister Ortsteil Ittenthal lebende Elena Scheidegger mit Verweis auf die Unterzeichnung des Bundesbriefes. Im Rütlischwur, so habe ein grosser, deutscher Dichter, es später etwas überspitzt formuliert mit: «Wir wollen sein ein einziges Volk von Brüdern in keiner Not uns trennen und Gefahr. Wir wollen frei sein, wie die Väter waren. Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben.» Der Bundesbrief von 1291 sei in einer sehr viel nüchternen Sprache abgefasst. Trotzdem, so die Rednerin: «Die Worte von Schiller sind stark und bringen die wichtigsten Beweggründe der damaligen Verfasser des Bundesbriefes gut auf den Punkt.» Weiter fügte sie an: «Natürlich können wir aus diesen Worten als erstes einmal einen unbändigen Wunsch nach Freiheit herauslesen. Lieber Tod sein, als in der Knechtschaft leben – das sind starke Worte, ohne Zweifel.»

Ein Hallo auf Ukrainisch
Ihre Begrüssungsworte wiederholte Elena Scheidegger auf Ukrainisch. Ein erster Hinweis, weshalb sie vom Gemeinderat für die Festansprache eingeladen worden ist. «Der Grund ist der Krieg in der Ukraine. Als wir vor zwei Jahren hierher gezügelt sind, herrschte im Donbass bereits seit sechs Jahren Krieg. Dass dieser aber solche Dimensionen annimmt, war unerwartet und hat einen direkten und spürbaren Einfluss auf uns alle auf der ganzen Welt.» Deutlich mehr leidtragend und betroffen als in der Schweiz, seien die Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer, die in den letzten sechs Monaten auf einen Schlag ihre Familie, ihr Zuhause und ihre Arbeit, verlassen und flüchten mussten. Dazu die Rednerin: «Für einige endete die Flucht in der Schweiz. Der kulturelle Unterschied der beiden Länder ist im Alltag teils spürbar und kann das Zusammenleben erschweren. Hier ist eine grosse Portion Verständnis und Nachsicht notwendig, denn die Gesamtsituation, in welcher sich die Flüchtlinge aktuell befinden ist für uns in der sicheren Schweiz kaum vorstellbar.» Für Elena Scheidegger, selbst Ukrainerin, und ihren Mann Fritz Scheidegger war mit Beginn der Flüchtlingswelle sofort klar: «dass wir lieber tatkräftig helfen, als nur zuschauen und Angst haben. Ich lebe bereits seit 23 Jahren in der Schweiz und habe nun die Möglichkeit, meinem eigenen Volk, hier vor Ort, zu helfen.»

Seit in Kaisten Geflüchtete aus der Ukraine angekommen sind, unterstützt und hilft ihnen Elena Scheidegger sprachlich wie auch in vielen Bereichen des Alltags. Sie tut das unentgeltlich. «Ich persönlich stehe heute vor Ihnen stellvertretend für rund 30 ukrainische Flüchtlinge. An dieser Stelle und stellvertretend für sie danke ich von ganzem Herzen für die grosse Solidarität und Hilfsbereitschaft, die sehr geschätzt und auch benötigt wird.»

Die Bundesfeier in Kaisten wurde gemeinsam vom Schützenverein Kaisten und dem Petanque-Club Fricktal organisiert und durchgeführt. Für die musikalische Umrahmung sorgte neben dem Musikverein auch der Alphornclub Kaisten.


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