Daniel Reidy und die Kirche im Dorf

  25.06.2022 Möhlin

Möhlin: Der römisch-katholische Gemeindeleiter geht in Pension

Er hatte die Wahl zwischen einem Neuwagen und den Menschen hier. Auch zehn Jahre später bereut er seinen Entscheid von damals nicht. Am Sonntag feiert Daniel Reidy, oft mit Velo unterwegs, seinen Abschiedsgottesdienst.

Ronny Wittenwiler

Die Wege des Herrn sind unergründlich, doch Daniel Reidy zumindest hatte es gehofft, als er im November 2011 seine Arbeit in Möhlin als römisch-katholischer Gemeindeleiter aufnahm; gehofft, dass er hier einmal pensioniert werde. So weit kommt es jetzt. Daniel Reidy hatte damals, nach über 24 Jahren als Gemeindeleiter im Waldenburgertal und einem kurzen Intermezzo in Sissach, noch einmal eine berufliche Konstante gesucht in seinem Leben.

Am 7. Februar 2012 gab er in der NFZ zu Protokoll: «Es ging mir wie wahrscheinlich zahlreichen anderen Männern um die fünfzig; ich sah mich konfrontiert mit einer Art Midlife Crisis, der man mit dem Kauf eines Neuwagens zu begegnen versucht oder einen Wechsel der Lebenspartnerin in Erwägung zieht – oder sich einen neuen Job sucht, was bei mir der Fall war.» Heute schaut Velofahrer Reidy, verheiratet, zweifacher Vater, achtfacher Grossvater, bald 65, auf sein Wirken als Gemeindeleiter in Möhlin zurück. «Ja, mir hat diese Zeit hier sehr gefallen.»

Worte eines Kollegen
Neuer Wagen, neue Partnerin oder doch eher Jobwechsel? Reidy hatte immer mal einen Spruch auf den Lippen, nahm sich selber nicht allzu wichtig, und ja, auch die Konkurrenz, die doch in Tat und Wahrheit vielmehr freundschaftliche Bande ist, wird ihn vermissen. Die NFZ hat Möhlins christkatholischen Pfarrer Christian Edringer zu Daniel Reidy befragt. Die Antwort kam postwendend: «Daniel Reidy hatte immer tolle Ideen, wie wir unsere gemeinsamen Gottesdienste gestalten können, damit die Menschen Freude haben und unsere Botschaft auch verstehen können.» Die regelmässigen, oft witzigen und immer interessanten Treffen für die Planung der Anlässe im Dorf, die man zehn Jahre lang gemeinsam gestalten und leiten durfte, werde er vermissen. Gedanken wie diese, mit denen der christkatholische Edringer den römisch-katholischen Reidy zu verabschieden pf legt, zeugen davon, wie sehr beide die Ökumene im Dorf der drei Kirchen nicht nur gepredigt, sondern auch gelebt haben.

Den Menschen im Mittelpunkt
Noch ist’s für Reidy ein Sprung ins Ungewisse und selbst unter Kirchenleuten ist im Pensioniert-Sein bisher kein Meister vom Himmel gefallen. Im Juni wird er 65, noch im Juli wird er Gottesdienste abhalten, dann macht Reidy Schluss. Wehmut ist da, das räumt er ein. Gleichzeitig verspüre er auch Freude, da ein gewisser Druck wegfalle. «Mit der Gründung des Pastoralraums ist alles noch ein Zacken intensiver geworden.» Zuvor sei man zu zweit für die Pfarrei Möhlin zuständig gewesen, nun sei man quasi zu zweit für den gesamten Pastoralraum da – von Möhlin hoch hinauf bis Wegenstetten. Könne man all dem überhaupt noch genügen? Es scheint, als seien ihm als Pastoralraumleiter und mittlerweile Pfarreileiter in allen involvierten Gemeinden diese Selbstzweifel geblieben und vielleicht zeugt auch das davon, wie sehr ihm die Menschen am Herzen liegen. Und so wird von allem ein bisschen dabei sein, wenn Daniel Reidy als Gemeindeleiter Abschied von den Menschen nimmt: Wehmut bestimmt, Freude auf einen neuen Abschnitt trotzdem und vielleicht der eine oder andere Spruch, der ihm über die Lippen huscht. Claudia Fritzenwallner jedenfalls, Jugendarbeiterin im Pastoralraum, würde sich nicht wundern: «Er hat immer mal wieder einen Spruch oder einen Witz auf Lager, der auch uns Mitarbeitende zum Lachen bringt.» Die NFZ hat auch sie nach dem Wesen Reidys gefragt. «Er sagte oft: ‹Versuche es, wenn es gut ist, toll, wenn nicht, lernt man daraus.› Das Vertrauen, dass er mir und uns entgegengebracht hat, ist einfach wundervoll. Ihm ist auch wichtig, dass wir Frauen in der Kirche gesehen und wertgeschätzt werden und mehr Rechte bekommen. Ich habe sehr gerne mit Daniel Reidy zusammengearbeitet. Wir werden ihn vermissen.»

Warum er nie Pfarrer wurde
Er setzt sich fürs Foto auf die Mauer vor der Kirche, eine letzte Frage hat er soeben beantwortet. Der römischkatholische Seelsorger ist nie Pfarrer geworden: «Ganz einfach. Ich habe immer gesagt, ich muss eine Beziehung leben können, sonst wäre ich unglücklich.» Daniel Reidy hat sich vor zehn Jahren gegen den Kauf eines Neuwagens entschieden und für Möhlin und seine Menschen. Er hat es nie bereut. Ob seine Zeit hier in Möhlin auch der Kirchgemeinde gefallen habe, das müsse man dann aber schon eher die Leute selber fragen. Er lächelt. Und hinter ihm die römisch-katholische Kirche: Auch während seiner Zeit als Gemeindeleiter ist sie auf jeden Fall im Dorf geblieben.

Abschiedsgottesdienst von und mit Daniel Reidy: Sonntag, 26. Juni, 10.30 Uhr, römisch-katholische Kirche Möhlin.


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