Archaisches Spektakel im Regen

  26.04.2022 Effingen

Effingens erstes Eierleset nach der Coronapause

Auf der Dorfstrasse in Effingen wird niemand geschont. Die Maskierten kämpfen hart und mit vollem Körpereinsatz. Unter Schreien und Jauchzen wird der Winter gebodigt. Der uralte Brauch ist ein Höhepunkt weit über die Region hinaus und findet normalerweise im Zwei-Jahresrhythmus statt.

Karin Pfister

2018 herrschte prächtiges Frühlingswetter, 2019 war Eierleset-freies Jahr, 2020 gab es wegen Corona einen virtuellen Dorfrundgang anstatt eines Live-Spektakels und 2021 verschob man wegen Corona nochmals. Und dann fand es wieder statt, das traditionelle Eierleset; ein uralter Brauch und der grösste Anlass des kleinen Dorfes im oberen Fricktal. Alle waren bereit – diesmal sogar zwei mehr als bisher. Beim Einzug der Maskierten liefen zum ersten Mal zwei Kinder mit: ein Mini-Jasskärtler und ein Mini-Tannästler. Pünktlich zum Beginn des Wettkampfes zwischen dem Eierläufer und dem Reiter, zwischen Frühling und Winter, wurde aus dem leichten Regen ein strömender Regen. Das Publikum war sehr zahlreich erschienen und hielt unter den Schirmen tapfer durch. Der guten Stimmung tat das Wetter keinen Abbruch.

Die Kostüme wurden wie immer sorgfältig und während vieler Arbeitsstunden von Hand gefertigt. Auf der Seite des Frühlings kämpfen der Läufer, das Hochzeitspaar, der Hühnermaa, der Jasschärtler sowie Tannästler und Stechpälmler. Der Winter wird vertreten durch den Reiter, den Straumuni, den Hobelspänler, den Schnäggehüsler, den Alten und die Alti. Ein Polizist und der Pfarrer sowie der Fünferrat fungieren als Richter im Kampf der Jahreszeiten. Wie immer in Effingen wurde niemand geschont (ausser der Schnäggehüsler, wegen dem wertvollen Kostüm); die Maskierten des Winters und des Frühlings fielen mit Jauchzen und Schreien übereinander her. Derweil legte der Eierläufer rund zehn Kilometer zurück, um alle 162 Eier in die Wanne zu versenken; der Reiter zog in der Zwischenzeit seine Runde ums Dorf. Trotz des harten Kampfes; der Sieger steht eigentlich immer schon im Vornherein fest: In Effingen gewinnt immer der Frühling. Wieviel der Eierleset für die Region bedeutet, zeigt nicht nur der grosse Publikumsaufmarsch, sondern auch die Zitate der Organisatoren im diesjährigen Eierleset-Büchli. «Für mich bedeutet der Brauch ein Gefühl von ausgelassener Lebensfreude, Lebendigkeit und Gemeinschaft», heisst es da. Oder: «Am Eierleset aktiv teilzunehmen, ist für mich eine grosse Ehre.» Nach dem Kampf folgte die obligate Eierpredigt, welche wie immer für Gelächter sorgte und die Erwähnten nicht schonte.


Auszug aus der Eierpredigt

Sit dem Johr esches also so wiit,
Dass Effige im Böztal liit.
Vier Gmeinde wärde zu einere fusioniert,
«Bürger mit Wiitsicht» send höt no irritiert.
Dezue gets en neue Gmeirot womer noni wet gfalle,
Die spinne doch, 6 Stund GV innere iischalte Halle!
Zu allem Überdruss, wie chönnts au andersch sy,
send i dem Gremium grad zwoi Bözer debi.
Trotz Nichtwahlempfehlung chaner triumphiere,

de Schmid Röbi tuet eus neu vo Hornusse regiere.
Öbbis Positivs wohnt dere Fusion doch no bi,
Es send zum Glück keni Zeiher debi!

Nach de Goa metem Velo uf Böze flitze,
D
Schmier wo det stoht, tuet glaub nume blitze.
Si händ zwar ghebet, ja gschroue und gwunke,
Ich halt doch ned aa, be ja au chli betrunke.
Met Blaulicht und Sirene nähmes d
Verfolgig uf,
Ich tramp i Pedale, es nimmt mer de Schnuuf.
Es längt zwar no knapp bes in Veloschuppe,
Heb d
Türe zu, doch ha ke Chance gäh die Truppe.
Sesch ein Tumult, om mech eschs passiert,
Scho send mini Händ hinder em Rugge fixiert.
So het de Peter wederemal paar Hundert Franke vernichtet,
de Verdacht, dass die Amsler ned ganz dicht sind, het sich verdichte


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