Noten von 1850 kehren heim

  04.02.2022 Frick

Der Männerchor Frick wird im Baselbiet beschenkt

Der Fund eines über 170 Jahre alten Notenalbums sorgt dafür, dass der Präsident und ein Vorstandsmitglied des Männerchors Frick ins Baselbiet reisen und in Rothenfluh auf Gastfreundschaft und viel Verbindendes stossen.

Simone Rufli

Während 40 Jahren hat Erich Erny an der Primarschule in Rothenfluh unterrichtet. Jetzt steht er am Fenster seines Hauses in ebendiesem Dorf, deutet in die Ferne und lenkt den Blick seiner Gäste aus dem Fricktal auf ein Bauerhaus mit Anbau am gegenüberliegenden Dorfrand. In diesem Anbau aus dem Jahre 1967 befinden sich die Schulzimmer, in welchen Lehrer Erny seinem Beruf nachgegangen ist.

«Als ich mich einmal vor vielen Jahren auf dem Estrich des Schulhauses umsah, fand ich neben vielen anderen Sachen zwei Exemplare dieses Notenalbums.» Er habe sie zu sich genommen, daheim versorgt und sei erst zwischen Weihnachten und Neujahr zufällig wieder darauf gestossen. «Anstatt die Alben noch länger bei mir herumliegen zu lassen und am Ende gar wegzuwerfen, wollte ich sie lieber dorthin verschenken, wo sie meiner Meinung nach hingehören und Freude bereiten.» Eines verschenkte er in Richtung Aarau, das andere soll jetzt nach Frick.

Nicht ohne Grund. Markus Amsler schlägt das Buch auf: «Gesänge aufgeführt von den aargauischen Männerchören am Auffahrtsfeste 1850 in Frick» ist in unterschiedlichen Schriften auf einem Hintergrund, der an Notenlinien erinnert, zu lesen. Es folgen Noten zu Liedern mit Titeln wie «Gesang der Jünglinge», «Frühlingsreigen», «Gruss aus der Fremde» oder «Becher-Klänge». Amsler ist Präsident des Männerchors Frick und hat an diesem Morgen – auf Einladung von Erich und Elisabeth Erny – zusammen mit Vorstands- und Sängerkamerad Peter Lautenschlager für diese Trouvaille eine Grenze überschritten – wenn auch nur eine Kantonsgrenze.

Was Baselbietern und Fricktalern auffällt, die Lieder sind stimmlich höher gesetzt als moderne Lieder. Wie seine Gäste kennt sich auch Erny mit Chorgesang aus. Er hat während zehn Jahren den gemischten Chor in Rothenfluh geleitet und er weiss: «Es gab bei uns um 1860 herum zwei Männerchöre.» Was er nicht herausfinden konnte, ist, wie die beiden Notenalben damals den Weg nach Rothenfluh gefunden haben. «Möglich, dass die Chöre aus den angrenzenden Gemeinden zum Fest nach Frick eingeladen waren.»

Nach und nach stellt sich heraus, dass die Zufalls-Bekanntschaft, die sich an diesem sonnigen Morgen an einem Tisch in Rothenfluh um ein Notenalbum versammelt, durch mehr verbunden ist als dieses Zeitdokument. In den 1990er Jahren fuhr Elisabeth Erny unter der Woche regelmässig nach Frick, wo sie zuerst im Schulhaus 1912, ein paar Meter über dem Sauriermuseum, unterrichtete, später im mittleren Primarschulhaus. Im Gebäude aus dem Jahr 1912 arbeitete sie ausgerechnet in dem Schulhaus, in dessen Singsaal der Männerchor – in Zeiten ohne Pandemie und Abstandsregeln – regelmässig seine wöchentliche Gesangsprobe abhält.

Dass es durch die Lehrtätigkeit in Frick noch heute einige gemeinsame Bekannte gibt, versteht sich von selbst. Und so ist es gut möglich, dass der Männerchor Frick, an seinem nächsten Konzert am 2. April, in der katholischen Kirche in Frick Gäste aus Rothenf luh empfangen darf. So oder so können sich Ernys schon heute mit dem aktuellen Liedgut des MCF vertraut machen – im Tausch gegen das historische Notenalbum haben Amsler und Lautenschlager nämlich eine CD des Männerchors und eine gute Flasche Wein im Baselbiet zurückgelassen.


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