Es begann als Riss im Eisernen Vorhang
03.02.2022 Frick, ReligionNach 40 Jahren endet die Partnerschaft mit Tiszakécske
Zu einer Zeit, als die Welt in Ost und West geteilt war, entstand zwischen der reformierten Kirchgemeinde Frick und den Reformierten im ungarischen Tiszakécske eine Partnerschaft. Wie alles begann und warum die Partnerschaft am Sonntag im Gottesdienst beendet wird.
Simone Rufli
Matthias Jäggi wird am Sonntag im Gottesdienst die Ungarn-Partnerschaft auflösen. Der Pfarrer der reformierten Kirchgemeinde Frick war selber nie bei der Partnergemeinde in Ungarn zu Besuch und doch war auch er von Anfang an mit dabei. Es war sein Vater, Paul Jäggi – von 1976 bis 1995 Pfarrer in Frick – der auf einer von der Aargauer Landeskirche organisierten Ungarn-Reise im Jahr 1979 die Kirchgemeinde Tiszakécske kennenlernte und damit am Anfang der Partnerschaft stand. Paul Jäggi empfing im März 1982 den ersten Besuch aus Ungarn in Frick und legte die Partnerschaftsanfrage der Kirchenpflege vor.
«Die Partnerschaft startete in einer Zeit der Ost-West-Trennung. Heks, das Hilfswerk der evangelischen Kirchen der Schweiz, probierte damals vom Westen aus, Kontakte nach Osteuropa zu knüpfen», erinnert sich Paul Jäggi im Gespräch mit der NFZ. «Es war die Idee, sich gegenseitig in den jeweiligen Herausforderungen zu stärken.» Während die Ungarn eine beeindruckende Treue zu reformierten Traditionen gezeigt hätten, seien die Reformierten im Westen schon damals vor den Herausforderungen von Öffnung und Wandel gestanden. «Die gegenseitige Ermutigung tat uns immer gut», so Paul Jäggi. Dass Frick dazu noch in der Lage war, finanzielle Unterstützung zu bieten, sei immer von untergeordneter Bedeutung gewesen.
Letzter Besuch im Jahr 2014
Den ersten Besuchen in den 1980er-Jahren folgte eine ganze Reihe gegenseitiger Besuche. Es entstand eine freundschaftliche Beziehung, die trotz sprachlicher Hürden, einem Pfarrwechsel in Ungarn und ganz unterschiedlicher kultureller Prägungen, Jahrzehnte überdauern sollte. Der letzte Besuch erfolgte im Jahr 2014.
Bei allen Besuchen wurden die Gäste immer privat in Familien beherbergt, was zu engen, persönlichen Freundschaften führte. Und jedes Jahr am ersten Sonntag im Februar wurde in Tiszakécske und in Frick zum gleichen Bibeltext gepredigt.
In Frick gab es im Anschluss an diesen Februar-Gottesdienst im Kirchgemeindehaus jeweils einen sogenannten Ungarnbrunch. Mit dem Erlös wurden diverse Bauvorhaben in Tiszakécske unterstützt, unter anderem konnten mit dem Geld das Kirchendach erneuert und die Orgel restauriert werden. «Dieser Einsatz», so Paul Jäggi, «aktivierte viele Leute, brachte sie zusammen und festigte so auch die Gemeinschaft innerhalb der reformierten Kirchgemeinde Frick.»
40 Jahre nach Beginn der Partnerschaft ist die Welt eine andere. Der Eiserne Vorhang ist längst gefallen, die Bevölkerungen haben sich nach und nach durchmischt. «Zum einen sind die Gesellschaften nicht mehr so homogen und in sich geschlossen wie damals, zum anderen hing diese Partnerschaft aber auch stark an persönlichen Beziehungen und die lassen sich nicht einfach auf nachfolgende Generationen übertragen oder vererben», erklärt der heutige Fricker Pfarrer Matthias Jäggi. «Die Partnerschaft und die Menschen, die sie pflegten, sind zusammen älter geworden.» Die Gastfreundschaft aber gelte es in anderer Form weiterzupf legen. «Heute haben wir die Welt bei uns im Dorf und wir sind aufgefordert, die Gastfreundschaft bei uns selber zu pflegen.»
Der Gottesdienst zur Auf lösung der Ungarn-Partnerschaft findet am Sonntag, 6. Februar, um 9.30 Uhr in der reformierten Kirche in Frick statt. Er wird geleitet von Pfr. Matthias Jäggi, einer Vorbereitungsgruppe und Organist Teun Braken. Im Anschluss daran gibt es einen Apéro.