Ein warmer Empfang für die Stadtmusik
07.12.2021 Musik, RheinfeldenErstes Konzert nach der Coronapause in Rheinfelden
Die Stadtmusik Rheinfelden durfte nach der Zwangspause 2020 am vergangenen Wochenende in der Kirche St. Josef zum ersten Mal wieder vor grossem Publikum spielen. Auch für Dirigent Dani Haus war es der erste Auftritt mit dem Blasorchester.
Boris Burkhardt
Präsidentin Davina Benkert sprach am Sonntag kurz nach vier Uhr wohl für alle knapp 50 Musiker in der römisch-katholischen Kirche St. Josef: «Es ist zwei Jahre her, dass wir vor Publikum gespielt haben. Ich wusste gar nicht mehr, wie schön ein so warmer Empfang ist. Das tut gut.» Nach rund 70 Minuten Unterhaltung mit acht Stücken dankte das Publikum der Stadtmusik Rheinfelden und stand von den Kirchenbänken auf. Als letzte Zugabe des «Konzert in der Kirche» gaben die Musiker das englische Weihnachtslied «Hark! the Herold Angels Sing» mit einer Melodie von Felix Mendelssohn-Bartholdy zum Besten.
Fantastische Akustik
Unter Coronamassnahmen war das jährliche Konzert in der Kirche wieder möglich, nachdem es 2020 noch hatte ausfallen müssen. Um die erwartete Besucherzahl unterzubringen, wurden aber zwei «Konzerte in der Kirche» daraus, mit einem Zusatzkonzert am Vorabend. Mit der Besucherzahl an beiden Abenden war Benkert sehr zufrieden. Thematisch hatte das Konzert ausser der Zugabe nichts mit Weihnachten oder Advent zu tun; allein die fantastische Akustik rechtfertigte es für die Bläser aber schon, in der Kirche zu spielen – erstmals öffentlich unter der Leitung des neuen Dirigenten Dani Haus aus Basel. Der hatte für das Konzert gleich zwei Stücke selbst arrangiert: Neben erwähntem Weihnachtslied das ebenfalls kirchliche Stück «Spasenije sodelal» des russischen und später sowjetischen Komponisten Pavel ˇ esnokov (1877 – 1944). Es war ei-C ner der letzten der 400 kirchlichen Choräle des Komponisten, bevor die neuen Sowjetmachthaber 1917 jegliche religiöse Kunst verboten. In den USA wurde der Choral unter dem Titel «Salvation Is Created» bekannt, unter dem es auch die Stadtmusik aufführte. Vor allem die Holzbläser bewiesen dabei ihre Talente als Sänger, als sie den Choral zu Beginn gesanglich einstimmten.
Die russische Hymne war auch eines der wenigen Stücke des Konzerts, die nicht speziell für Blasorchester geschrieben wurden. Wie Benkert später der NFZ erklärte, legt die Stadtmusik den Schwerpunkt durchaus auf diese Kompositionen: Sie bewies am Sonntag, welche Bandbreite diese Genremusik umfasst: mit einer weiteren Hymne, der japanischen Friedensode «Hymn to the Infinite Sky» von Satoshi Yagisawa, und dem Hafenrundflug aus Mövensicht, «Seagate Overture» von James Swearingen.
Premiere als Solist
Chuck Elledges «From These Ashes» war eine aussergewöhnliche musikalische Erfahrung, bei der nicht nur die mit sieben Musikern sehr stark besetzte Perkussion ihre volle Bandbreite zwischen Xylophon, Glockenspiel und Kesselpauke entfalten konnte, sondern an der auch die Bläser mit raschelnden Plastiktüten Anteil hatten. Der US-amerikanische Komponist komponierte das Stück, das ebenso gut der Soundtrack zu «Alien» sein könnte, nach Ideen seiner High-School-Band. Mit Jan van der Roosts zeitgenössischem «Arsenal» war dann aber doch auch ein typischer Marsch Teil des Blasmusik-Programms.
Aus anderen Genres für Blasmusik arrangiert waren ausserdem «Sogno di volare» von Christopher Tin, das von Leonardo da Vincis Flugmaschinen inspiriert ist und Titellied des Computerspiels «Civilization VI» wurde, sowie der Tango «Oblivion» des Argentiniers Astor Piazzolla (1921 – 1992), bei dem der 25-jährige Jonas Weiss am Altsaxophon seine Premiere als Solist feierte. Als erste Zugabe gab es den Song «Baba Yetu», den Tin ebenfalls für die «Civilization»-Reihe komponiert hat und dessen Text das Vater unser auf Swahili ist. Einleitende Worte zu allen Stücken sprach Stadtführerin Susanne Ammann.
Benkert entschuldigte sich in ihrer Schlussrede, dass es Dirigent Haus seit seinem Start im Herbst 2020 nicht einfach gehabt habe, weil unter Corona Proben, wenn überhaupt oft nur in Hybridform möglich waren. Diese Entschuldigung war eindeutig unangebracht: Die Männer und Frauen der Stadtmusik spielten in reinster Klangqualität und mit offensichtlichem Enthusiasmus.