Und bald ist Sonntag
21.09.2021 Gemeinden, MöhlinAcht Gemeinderatskandidaten, fünf Sitze: Möhlin wählt – ein Leitartikel
Auch wenn hin und wieder kolportiert wird, dass Möhlin eine Richtungswahl bevorsteht: Das stimmt nicht. Der Spannung tut das aber keinen Abbruch.
Mit vier Bisherigen und vier Neuen bewerben sich acht Kandidaten für die fünf Sitze im Möhliner Gemeinderat. Es gibt in der Tat zwei oder drei nur schwer vorstellbare Szenarien, doch es gibt ungleich mehrere Optionen, die infrage kommen: Kann die SVP mit Neo-Kandidat Stephan Müller ihren zweiten Sitz – jenen des abtretenden Fredy Böni – halten? Zieht am Ende «bloss» ein neuer Kandidat in den Gemeinderat oder mehrere? Sollte Letzteres der Fall sein, dann wird auf alle Fälle mindestens ein Bisheriger abgewählt – wen trifft es? Bleiben alle drei grossen Parteien SVP, SP, FDP im Gemeinderat vertreten oder vielleicht nur noch deren zwei?
Niemand stellt alles auf den Kopf
Die Wahlen in Möhlin sind spannend wie nie – und das, ohne sie dabei zu Richtungswahlen hochstilisieren zu müssen. Das nämlich sind sie nicht. Die Realität ist viel profaner. Erstens sind die ganz grossen gemeindepolitischen Themen der letzten Jahre vorbei – Stichwort Einzonungen – und zweitens ist es einer Wasserleitung egal, ob ihre dringende Sanierung von einem Gemeinderat links oder rechts der Mitte behandelt wird. Damit sei gesagt: Der Spielraum in der Kommunalpolitik ist eng bemessen; weder ein Einzelner noch ein gesamtes Kollegium wird ganz Möhlin auf den Kopf stellen können. Das wissen die bisherigen Gemeinderäte, das werden allenfalls neu gewählte Gemeinderäte bald merken müssen, wahrscheinlicher ist sogar, dass auch sie es eigentlich längst wissen.
Und so sind Gemeinderatswahlen vor allem Personenwahlen. Anders ist nicht zu erklären, weshalb in der Vergangenheit mit Markus Fäs und Lukas Fässler ausgerechnet jene zwei Ratsmitglieder die besten Ergebnisse erzielt hatten, deren Parteien grundsätzlich einen Feldstecher benötigen, um sich das Lager des anderen aus der Nähe zu betrachten. Anders ist auch nicht zu erklären, weshalb Thomas Freiermuth bislang seit drei Amtsperioden fest im Sattel sitzt – notabene ohne politische Lobby. Die so unterschiedlichen drei Beispiele Fäs (SP), Fässler (SVP) und Freiermuth (parteilos) lassen einen interessanten Schluss zu: Wenn Gemeinderatswahlen in erster Linie von Personen und nicht von Politikern gewonnen werden, dann ist es nicht nur überhöht, von Richtungswahlen zu sprechen, es eröffnet zudem den Kandidierenden die Möglichkeit, zu einem wesentlichen Teil selbst für das eigene Abschneiden am Wahltag verantwortlich zu sein. Das gilt für die Bisherigen, die wir hier gemäss Anciennitätsprinzip noch einmal aufzählen: Lukas Fässler (SVP), Thomas Freiermuth (parteilos), Markus Fäs (SP) und Karl Eiermann (FDP). Das gilt für die neuen Kandidaten Stephan Müller (SVP), Hans Metzger (parteilos), Loris Gerometta (parteilos) und Pit Sägesser (parteilos).
Egal, ob mit oder ohne Partei im Rücken. Was am Ende zählt, ist das Vertrauen in die jeweilige Person. Wer sich dieses Vertrauen von der Bevölkerung abholt? Es wird spannend – selbst ohne das künstliche Etikett der Richtungswahl. Bald ist Sonntag.
So denken und ticken sie
Die Möhliner Gemeinderatskandidaten beantworten vier kurze Fragen
Acht Kandidaten bewerben sich um einen der fünf Sitze im Möhliner Gemeinderat. Hier beantworten sie vier kurze Fragen. Vergangenen Freitag erschienen sind: die Kandidaten Markus Fäs, Lukas Fässler, Hans Metzger und Peter «Pit» Sägesser. (rw)
Frage 1:
Warum sind Sie als männlicher Kandidat auch für Möhliner Frauen eine gute Wahl?
Karl Eiermann: Natürlich bedaure ich es sehr, dass sich keine Frauenkandidatur ergeben hat. In meinen verschiedenen Tätigkeiten und Ämtern habe ich viel mit Frauen – vor allem auch in Entscheidungsgremien – zu tun. Ich bin nicht nur ein guter Zuhörer, sondern bin es gewohnt, auf verschiedene Anliegen einzugehen. Weil ich fest mit dem Dorf Möhlin in Kultur, Schulwesen und Sozialem verbunden bin, kennt (man) Frau mich bereits bestens.
Thomas Freiermuth: Die Frauen, die meine Arbeit im Gemeinderat schätzen und mögen, werden mich wieder wählen, schön wäre natürlich, wenn mich alle Frauen wählen würden… Anderseits wäre es auch super gewesen, wenn ich für die nächste Legislatur eine Frau hätte wählen können, sie hätte sicher gute Karten gehabt.
Loris Gerometta: Meines Erachtens ist dies keine Frage des Geschlechts – ich würde mich für alle Stimmbürgerinnen und Stimmbürger als wählbar bezeichnen. Meine Beweggründe und Werte sind bekannt. Ich stelle mich aus Überzeugung zur Wahl. Ich möchte Verantwortung übernehmen und mich für eine mehrheitsfähige Politik im Sinne aller Einwohnerinnen und Einwohner einsetzen.
Stephan Müller: Weil ich mich mit viel Herzblut und grossem Engagement für unsere Kinder und die Schule einsetze und einen grossen Wissens- und Erfahrungsschatz als Schulpflegepräsident in den Gemeinderat einbringen kann. Entscheidungen fälle ich sachlich und faktenbasiert nach Anhörung und unter Einbezug aller Beteiligten.
Frage 2:
Wenn Sie allein in Möhlin regieren könnten – was würden Sie sofort ändern/einführen?
K. E. : Als freisinnig, liberal Denkender ist es nicht vorstellbar, in Möhlin zu regieren und dies erst noch alleine. Vielmehr sind die verschiedenen politischen Kräfte zu bündeln, Konsens zu finden und gemeinsam Lösungen umzusetzen. Den Haushalt der Gemeinde Möhlin ins Lot bringen, Schulden weiter abzubauen, die Steuererhöhung rückgängig zu machen und die laufenden Projekte zum Abschluss zu bringen sind Themen, die anzupacken sind.
T. F. : Allein regieren möchte ich auf gar keinen Fall, denn das wäre eine Diktatur und ich schätze es, in einer direkten Demokratie leben zu dürfen. Wohin Diktaturen führen, sieht man ja zur Genüge rund um den Globus. Also möchte ich allein nicht sofort etwas ändern oder einführen.
L. G. : «Alleine» würde ich Möhlin nicht «regieren» wollen – wir leben in einer einzigartigen Demokratie. Da ich mich als Team-Player verstehe und gerne gemeinsam an Themen arbeite, sind mir vielseitige und unterschiedliche Meinungen wichtig. Eine breite Meinungsbildung schafft den gemeinsamen Konsens – ganz nach dem Motto: «am Puls der Bevölkerung».
S. M. : Alleine regieren wäre undemokratisch und das behagt mir nicht! Wenn ich es trotzdem könnte, würde ich die Umgebung des Gemeindehauses aufwerten und eine Begegnungszone für Jung und Alt realisieren.
Frage 3:
Was gefällt Ihnen nicht an Möhlin – und warum nicht?
K. E. : Möhling gefällt grundsätzlich und ich fühle mich im Dorf wohl. Was mir nicht gefällt: Schnellzüge nach Basel und Zürich, die nicht in Möhlin halten, zu viele Lastwagen, Verkehr ins Industriegebiet.
T. F. : Möhling gefällt mir sehr gut, sonst würde ich nicht schon seit meiner Geburt hier leben, sondern wäre schon lange ausgezogen. Natürlich gibt es ab und zu Sachen, die mir nicht gefallen oder die mich aufregen, wie gerade im Moment verletzende, anonyme Flyer mit diversen Vornamen drauf, die alle mit demselben Vornamen in Generalverdacht bringen. Das ist für mich absolut unterste Schublade, dass es Leute gibt, die so handeln.
L. G. : Ich wünsche mir eine Konsolidierung, welche Ruhe ins Dorf bringt! Die Vorstellungen unserer vielschichtigen Bevölkerung sind teilweise kontrovers. Eine transparente, nachhaltige Politik am Puls der Bevölkerung baut das nötige Vertrauen in den Gemeinderat auf. Es gilt Verantwortung zu übernehmen und der Bevölkerung das nötige Gehör zu verschaffen.
S. M. : Was soll mir an Möhlin nicht gefallen? Möhlin hat alles! Unser Dorf verfügt über ein breites Angebot an Gewerbe und Dienstleistern, Freizeit und Kultur, ÖV und eine gut ausgebaute Infrastruktur sowie ein riesiges Naherholungsgebiet.
Frage 4:
Welche berühmte Person ist/war ihr politisches Vorbild – und warum?
K. E. : Der Freisinnige Altbundesrat Rudolf Merz: er galt als Konsolidierter des Bundeshaushalts, hat dem ständigen Wachstum der Ausgaben und der Steuerbelastung Grenzen gesetzt.
T. F. : Bevor ich vor zwölf Jahren mich dazu bewogen habe, als Gemeinderat zu kandidieren, habe ich mal gesagt: «Wenn ich Gemeinderat werden dürfte, möchte ich in etwa so funktionieren wie Mario Stähl.» Ich kannte ihn als ausgewogenen und fairen Dorfpolitiker, besonnen und auch sehr gesellig, wenn ich ihm an diversen Veranstaltungen und Festen begegnete. Berühmte politische Vorbilder habe ich keine.
L. G. : Grundsätzlich habe ich keine Vorbilder, ich sehe mich als eigenständige, kritikfähige und dialogorientierte Person, mit einem eigenen Charakter. Wichtig ist mir, immer andere Ansichten in die Meinungsbildung miteinzubeziehen, keine Vorurteile zu haben und von erfahrenen Persönlichkeiten zu lernen sowie mich stetig weiterzuentwickeln.
S. M. : Alt-Bundesrat Adolf Ogi. Er blieb trotz seines hohen Amtes bescheiden und drängte sich nicht in den Vordergrund; die Sache stand bei ihm immer im Zentrum. Er verkörperte den volksnahen Politiker und verstand das Volk.