Die Qual der Wahl bleibt

  16.09.2021 Laufenburg

«Es ist eine Schlammschlacht»

 

Viel Publikum an der Podiumsveranstaltung zu den Laufenburger Stadtratswahlen

 

In Laufenburg gibt es zurzeit zwei Seiten im Stadtrat. Das wurde auch am überparteilichen Podium mit den sieben Stadtratskandidaten deutlich. Respekt, Vertrauen und Kommunikation gehörten zu den Schlagwörtern des Abends.

Susanne Hörth

Moderatorin Regula Laux gab am Laufenburger Stadtratspodium gleich von Beginn an die klaren Spielregeln des Abends durch. Die Gesprächsminuten wurden nicht nur bei der kurzen Vorstellungsrunde der sieben Stadtratskandidaten akribisch von den Organisatoren überwacht. Auch die Dauer der Redezeit der beiden Seiten wurde laufend wieder ausgeglichen. Auf die Frage der Moderatorin, ob er, bezogen auf die Geschehnisse der letzten Wochen, alles wieder so machen würde, meinte Meinrad Schraner (SVP, aktuell Vizeammann): «So einen Entscheid fällt man nicht über Nacht. Das was ich jetzt erlebe, übersteigt alles Bisherige. Man verliert sogar Kollegen.»

Von den kurzfristigen Kandidaturen von ihm als Stadtammann und André Maier als Vizeammann sei er, gestützt auf verschiedene Vorkommnisse, insbesondere die Gemeindeversammlung im Juni, nach wie vor überzeugt. «Heute würden wir die Kommunikation sicher etwas anders machen. Das Ergebnis ist aber das Gleiche.» Die per Mail versandte Information an seine Ratskollegen über die Kandidaturen erfolgte am Samstagabend, wenige Stunden vor der offiziellen Medienmitteilung. Sehr enttäuscht über diese Art der Kommunikation zeigte sich Stadträtin Regina Erhard. Für sie fehlte es an Vertrauen und Respekt. So sah es auch Ratsmitglied Christian Rüede: «Wenn man von Respekt und Kommunikation redet, dann haben Meinrad Schraner und André Maier den Vogel abgeschossen.»

Aussage gegen Aussage
Regula Laux nahm ihre Aufgabe als Gesprächsleiterin sehr genau und unterbrach Schlagabtausche unter den bisherigen Gemeinderäten jeweils, wenn zu stark auf einzelne Sachgeschäfte und deren Diskussionen innerhalb einer Ratssitzung eingegangen wurde. «Es steht Aussage gegen Aussage. Es ist müssig, da hin und her zu reden.» Es nütze den Stimmberechtigten mehr, in die Zukunft schauen zu können. Der neu Kandidierende Patrick Bernhart begrüsst es, dass am 26. September eine Auswahl besteht. Für ihn ist klar: «Es braucht einen Wechsel im Gremium.»

Es braucht eine Reflektion
Meinrad Schraner machte mehrfach auf die Wichtigkeit von Standortbestimmungen bei Sachgeschäften, Nachbearbeitungen bei Sitzungen und den Einbezug der Bevölkerung bei Sachgeschäften aufmerksam. Sie komme aus der Wirtschaft, da würde dies alles dazugehören, hielt Rebecca Melton hierzu fest. Sich aber im aktuellen Stadtrat auf die eine oder andere Seite stellen, will sie nicht. «Ich bin da in etwas hineingeschlittert. Meine Infos habe ich von aussen, von den Medien.» Und: «Ich erlebe einen zerrütteten Stadtrat. So, wie er jetzt aufgestellt ist, gibt es keine Zukunftsperspektive.» Mehr Transparenz sei ganz sicher nötig. Was Melton aus eigener Erfahrung auch weiss: «Kommunikation ist immer schwierig.»

Hier setzte Regula Laux ein weiteres Mal an. Sie will wissen, ob die beiden «Neuen» das Gespräch mit den beiden Seiten gesucht haben. Beide Kandidaten verneinen. Rebecca Melton meint: «Für mich ist es eine pure Schlammschlacht», Eine Bemerkung, die von den vielen Anwesenden in der Laufenburger Stadthalle mit Applaus begleitet wird.

Was wird kommen
«Wir verlassen jetzt das Feld ‹was war» und kommen zu ‹was wird kommen», leitete Moderatorin Laux zur nächsten Runde über. Sie zeigte auf der Leinwand verschiedene Konstellationen auf, wie das Amt von Ammann und Vizeammann ab Januar nächsten Jahres besetzt sein könnte. So auch eine, bei der Meinrad Schraner nicht vorkommt, er «nur» als Stadtratsmitglied gewählt wird. Dieses Amt wolle er annehmen. Ob es im Rat dann funktioniere, sei auch immer eine Frage der Führung, so der aktuelle Vizeammann Schraner. Und auch André Maier würde als Ratsmitglied, nicht aber als Vizeammann gewählt, weitermachen. Er ist überzeugt: «Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.»

Eine weitere Konstellation an der Führungsspitze zeigte eine ohne den wieder antretenden Stadtammann Herbert Weiss. «Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe. Meine Rolle ist jene des Stadtammannes», wiederholt er die in einem NFZ-Artikel gemachte Aussage, dass er rein als Stadtratsmitglied gewählt, dieses Amt nicht annehmen wird. Er bedauert, dass es nun heisst, die letzten acht Jahre hätten sie im Stadtrat alles schlecht gemacht. «Nach siebeneinhalb Jahren und einer Gemeindeversammlung ist plötzlich nichts mehr gut.» Für ihn sei das reines Machtgehabe. «Wir ref lektieren unsere Arbeit sehr wohl, machen auch Standortbestimmungen», geht er auf einen immer wieder gemachten Vorwurf ein.

Man höre, Entscheide im Stadtrat werden oft mit einem 3:2-Verhältnis gefällt, so Regula Laux. Darauf erklärt Christian Rüede, es sei zwar seit August schwieriger geworden, Ratssitzungen würden aber sachlich ablaufen. «Es wird diskutiert und man sucht und findet in der Regel einen Konsens.» Das wird von den anderen Ratsmitgliedern bestätigt.

Egal, wie die Laufenburger Stadtratswahlen ausgehen werden, eine künftige Zusammenarbeit sei sicher nicht einfach, glaubt Christian Rüede. «Es braucht wahrscheinliche eine externe Mediation.» In der späteren Fragerunde wurde hierzu von einem Versammlungsteilnehmer angeregt, dass die Verursacher der Unstimmigkeiten im Stadtrat diese Mediationskosten übernehmen müssten. Ein Votant bedauerte nicht nur die Vorkommnisse der jüngeren Vergangenheit, sondern vielmehr auch die wenigen Leute, die heute noch an einer Gemeindeversammlung teilnehmen würden.

«Egal, wie weit voneinander die Standpunkte entfernt sind. Redet miteinander», gab Regula Laux am Schluss des Podiums den Stadtratskandidaten mit auf den Weg.


Keine Teststation

Für ein wenig Missstimmung sorgte am Laufenburger Podiumsabend ein Nebenschauplatz. Eigentlich hätte eine mobile Testequipe vor Ort sein müssen. Regula Laux, Dora Freiermuth und Susanna Brogli-Schoder, die das überparteiliche Podium organisiert hatten, waren auch dafür besorgt gewesen. Aufgrund von fehlenden Tests und knapper, personellen Ressourcen wurde das Test-Angebot kurz vor der Veranstaltung abgesagt. Dadurch konnten mehrere Personen das Podium nur von ausserhalb verfolgen. Was bei ihnen für verständlichen Ärger sorgte. (sh)


Die sieben Stadtratskandidaten

Für Wirtschaftsfachfrau und Mutter Rebecca Melton (parteilos), die sich neu als Stadträtin für die kommende Legislatur zur Verfügung stellt, steht ganz weit vorne, dass ohne Schulpflegen die Interessen der Eltern im Stadtrat vertreten sind. Regina Erhard (Die Mitte, seit fünf Jahren Stadträtin) ist es wichtig, dass die Menschen im Mittelpunkt stehen. Vertrauen und Transparenz spielen für sie eine bedeutende Rolle. FDP-Mann und Betriebsökonom Patrick Bernhart möchte die Zukunft von Laufenburg mit Blick stets auch auf die Finanzen als neues Ratsmitglied ebenfalls mitgestalten. Seit acht Jahren gehört Christian Rüede (SVP) dem Stadtrat an. Für ihn spielen bei der Arbeit im Ratsgremium Ausdauer, Seriosität und Ehrlichkeit eine grosse Rolle. Keine Rolle hingegen spielen, dass betonten alle sieben Kandidaten später in der Diskussion ebenfalls, die Ortsteile. Laufenburg und Sulz seien ein Ganzes. André Maier (FDP, bisher) bezeichnet sich als Macher und möchte sich als solcher auch weiterhin einbringen. Seit acht Jahren ist Herbert Weiss (Die Mitte) mit Kopf, Herz und Seele Stadtammann. Für ihn sei der Stadtrat eine Gruppe von gleichberechtigten Mitgliedern, bei denen das Kollegialitätsprinzip einen hoher Stellenwert hat. Genügend Zeit für die Stadt und ihre viele Aufgaben aufbringen zu können, steht für den bisherigen Vizeammann Meinrad Schraner (SVP) an vorderster Stelle. Soll doch Laufenburg als Bezirkshauptort vorwärtskommen.


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