Ein ganz neues Raumerlebnis
14.08.2021 LaufenburgDie unter Denkmalschutz stehende Laufenburger Stadtkirche wurde aufwendig gereinigt
Vorwiegend mit speziellen Staubsaugern und Radierern wurde das Kirchenschiff und die Ausstattung der Laufenburger Stadtkirche während der vergangenen acht Wochen vom Dreck und Russ der letzten Jahre befreit. Mit einem hellen, strahlenden Ergebnis.
Susanne Hörth
Mit Planen abgedeckte Bänke, ein schützendes Flies auf dem Boden sowie zwei grosse Hebebühnen fallen beim Betreten der Laufenburger Stadtkirche als erstes auf. In verschiedenen Bereichen des Kirchenschiffes widmen sich gleich mehrere Personen konzentriert ihren jeweiligen Arbeiten. Und das mittlerweile bereits seit fast acht Wochen. Viel wurde in dieser Zeit getan. Bis am kommenden Sonntag die Besucherinnen und Besucher zum Wiedereröffnungsgottesdienst in der katholischen Kirche um 10.30 Uhr begrüsst werden können, ist aber noch einiges fertigzustellen. So steht etwa Vranic Slavisko mit Gurten gesichert im Korb einer der Hebebühnen und «radiert» mehrere Meter über dem Kirchenboden mit einem speziellen Schwamm die letzte Grauschicht von einer Säule. Festen Boden unter den Füssen hat Irene Kamm. Sie befindet sich in der Nähe der beiden Seitenaltäre und ist damit beschäftigt, mit einem Pinsel ein schadhaftes Relief auszubessern. Sobald die aufgetragene Schicht trocken ist, erfolgt als nächstes das Auftragen von hauchdünnem Blattgold.
Mit jedem weiteren Arbeitsschritt aller Involvierten kehrt Stück für Stück die Helligkeit und das Strahlen in die Kirche zurück. «Regelmässige Kirchengänger nehmen die Veränderung in erster Linie durch das Helle wahr. Touristen auf Besichtigungstour ordnen die Kirche als sehr gepflegt und gut unterhalten ein», weiss der Laufenburger Kirchenpflegepräsident Roland Schnetzler.
In zwei Etappen
Nach der konservatorischen Reinigung des Gewölbechores und der Taufkirche im Juli und August vergangenen Jahres (die NFZ berichtete) widmete sich das Kirchenreinigungsteam, die Kirchenmaler und Restauratoren der Firma Fontana & Fontana aus Rapperswil-Jona in dieser zweiten Etappe den verschmutzten Wänden, Decken, Altären, Figuren, Lampen und mehr des Kirchenschiffes. Firmenmitinhaberin Sylvia Fontana zeigt mit der ausgestreckten Hand auf ein fast dunkelgraues Quadrat auf der ansonsten in frischem Weiss erstrahlenden Wand neben der Orgel. Dieses nicht gereinigte «Referenzfeld» wird bewusst so belassen, es dient neben den umfassenden schriftlichen Bildund Textdokumentationen der ausgeführten Arbeiten als Anschauung für das Vorher und Nachher der Reinigung
Russ und Dreck haben im Laufe der Zeit auch Altäre, Heiligenfiguren oder Lampen mit einer grau-matten Schicht überzogen. Sie davon zu befreien, geht zum Schutz der historischen Materialien nur mit aufwändiger Handarbeit und entsprechendem Fachwissen. Vranic Slavisko lässt den Blick zu einem der kristallenen Kronleuchter schweifen. Hier habe er einen dicken Fettfilm herunterputzen müssen, erklärt er in Richtung seiner Chefin.
Wenn auch brennende Kerzen ihren Teil zur Verunreinigung von Raumschale und Kirchenausstattung beitragen, so sind sie aber gleichwohl nicht Hauptverursacher. An dieser Stelle wirft der kantonale Denkmalpfleger Philipp Schneider ein, es sei bei vielen Kirchen eine Entwicklung hin zu LED betriebenen Kerzen feststellbar. Bisher nicht in Laufenburg, so Schnetzler. Stattdessen halte man sich beim Anzünden und Brennen der grossen Kerzen zurück, beschränke deren Einsatz auf Feste wie etwa Weihnachten. Für die Kerzen der Kirchengänger wurde extra eine sogenannte «Kerzenschmelze» angeschafft, welche mehr als 70 % des Kerzenrusses reduziert.
Den Hauptanteil bei der Verschmutzung erfolgt durch den Menschen selbst. Unabsichtlich. Durch die Atmung wird Feuchtigkeit ins Gebäude gebracht. Ausdünstungen und auch winzige Hautpartikel sowie mikroskopisch kleine Kleiderfasern lagern sich als Rückstände an Wänden und Innenausstattung ab. Was dazu führt, dass sich im Laufe der Jahre ein matter Grauschleier über alles legt und bei entsprechender Feuchtigkeit und Materialien auch Schimmel ausbreiten kann. Für den Erhalt der jahrhundertealten Sakralbauten ist somit eine regelmässige, durch Fachfirmen ausgeführte konservatorische Reinigung und wenn nötig, kleinere Restaurierungsarbeiten, zwingend nötig.
«Zirka alle 15 bis 20 Jahre», beziffert Roland Schnetzler den Zeitraum zwischen den Reinigungen. Die letzte liegt beim Laufenburger Kirchenschiff 16 Jahre zurück. Eine gute Planung und Vorbereitung sind bei einem solchen Vorhaben unabdingbar. Neben der beauftragten Firma ist auch immer die kantonale Denkmalpflege einbezogen. Je besser solche Projekte geplant werden, desto weniger gibt es bei der Umsetzung unschöne Überraschungen, betont denn auch Denkmalpfleger Philipp Schneider. Bei der unter kantonalen und nationalen Denkmalschutz stehenden spätgotischen Stadtkirche St. Johannes kam es während der Reinigungsarbeiten zu keinen unerwarteten Vorkommnissen. Auch der Zeit- und Finanzplan konnte eingehalten werden, wird von Roland Schnetzler, Sylvia Fontana und Philipp Schneider unisono betont. Roland Schnetzler freut sich schon jetzt auf den Wow-Effekt, welcher die wieder in frischer Helligkeit erstrahlende Stadtkirche bei so manchen Kirchengänger auslösen wird.