«Die Menschen sind hungrig auf Live-Musik»

  17.08.2021 Musik, Rheinfelden

Zum 70. Geburtstag: Gratis-Konzert für zweihundert Musikfreunde

Andere gönnen sich eine grosse Reise oder ein neues Auto, wenn sie siebzig werden. Johanna Holer, eine der grossen Unterstützerinnen des Rheinfelder Musiklebens, fiel etwas anderes ein: Sie schenkte zweihundert Musikfreunden ein Live-Konzert. Und zwar ein Konzert mit zwei Künstlern von Weltklasse – mit einer Meisterin des Akkordeons, der Lettin Ksenija Sidorova, und dem Israeli Avi Avital, Mandoline.

Edi Strub

Das Konzert mit dem Duo Sidorova und Avital war eines der vielen, das im Winter ausfallen musste, weil Corona grosse Menschenansammlungen nicht mehr zuliess. Johanna Holer liess nun vergangene Woche wenigsten einen dieser musikalischen Glanzpunkte von «Klassik Sterne Rheinfelden» nachholen. Und zwar ganz auf ihre Kosten. Hundert Personen lud sie persönlich ein, weitere hundert konnten auf der Buchungsplattform von «Klassik Sterne» kostenlos einen Platz buchen. Der Andrang war riesig. Schon nach wenigen Stunden seien alle Tickets weg gewesen, erzählte Johanna Holer der Neuen Fricktaler Zeitung. «Die Leute sind hungrig auf schöne Live-Musik. Sie möchten wieder in richtige Konzerte gehen, nicht nur Streamings und CDs hören.»

Eingeleitet wurde das Konzert durch zwei Stücke von Fritz Kreisler und Igor F. Strawinski. Beide werden meist mit Klavier und Cello oder Violine gespielt. Ksenija Sidorova und Avi Avital haben diesen Varianten eine neue hinzugefügt – mit Akkordeon und Mandoline. Für die beiden Künstler ist das keine Notlösung, sondern eine bewusste Wahl. Jeder Musikfreund habe die Melodien dieser beide Stücke im Ohr und werde nun plötzlich mit einer ganz anders tönenden Version konfrontiert. Dies schärfe seine Aufmerksamkeit und lasse ihn Neues hören, was bei Routine-Aufführungen in gewohnter Besetzung oft nicht der Fall sei, erklärten die beiden Künstler der NFZ. «Wir spielen nie Dinge auf dieselbe Weise, wie es andere schon getan haben. Das ist langweilig. Kommt hinzu: da wir Akkordeon und Mandoline spielen, für die es in der klassischen Musik in dieser Kombination kaum Literatur gibt, müssen wir Stücke für unsere Instrumente adaptieren. Das ist kein Nachteil, sondern im Gegenteil ein Vorteil», erklärten die beiden überzeugt. Denn es öffne Türen zu neuen Klangerlebnissen, Altbekanntes ertöne in neuer Frische.

Im zweiten Teil des Konzerts spielten die beiden Musiker Stücke mit folkloristischem Touch, wozu sich die beiden Instrumente natürlich ganz besonders eignen. Wunderbar, wie Ksenija Sidorova die Rumänischen Volkstänze von Bela Bartok interpretierte. Feurige Leidenschaft wechselte mit bohrendem Schmerz und verzweifelter Sehnsucht. Und Avi Avital brachte eine Melodie zum Klingen, die er einmal von einem alten bulgarischen Mann gehört hatte. Zuerst hört man die paar Takte, die der alte Mann geklimpert hat. Einfach und gleichzeitig sehr raffiniert. Dann entwickelt sich das Spiel und wird immer intensiver. Es endete in einem gewaltigen Furioso, wie es nur ein grosser Meister wie Avi Avital überhaupt spielen kann. Das Publikum quittierte das gekonnte Spiel der beiden Künstler mit langanhaltendem Applaus.

Wer sich kein Ticket zu diesem Konzert beschaffen konnte, kann über nachfolgenden Link wenigstens ein paar Minuten mithören und mitsehen: www.swisstransfer.com/d/9871253b-966c-4074-8ec4-fc637933bc47">https://www.swisstransfer.com/d/9871253b-966c-4074-8ec4-fc637933bc47


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