«Wir wollen den Leuten die Natur näherbringen»
23.11.2020 Natur, SchwaderlochMartina und Reto Gschwend haben in Schwaderloch ein «Tierparadies» aufgebaut
Meerschweinchen, Kaninchen, Kois, Schildkröten, Katzen, Vögel und ein Huhn: Alle diese Tiere leben im liebevoll angelegten Garten von Martina und Reto Gschwend in Schwaderloch.
Janine Tschopp
«Ja, ich schlage mich durch», antwortet sie auf die Frage, wie es ihr momentan gehe. Martina Gschwend hat einen harten Weg hinter sich. 2007 erlitt sie, während sie mit ihrer Tochter im dritten Monat schwanger war, eine Hirnblutung (Portrait in der NFZ vom 9. Juli 2015). Während zwei Wochen lag sie im künstlichen Koma und musste sich schweren Kopfoperationen unterziehen. Während ihrer intensiven Krankheits- und Leidenszeit hatte sie immer nur einen grossen Ansporn, und das war ihre Tochter. Am 15. Juli 2007 gebar sie ein gesundes Kind: Sheila. Zu diesem Zeitpunkt konnte Martina Gschwend wieder essen, trinken und sprechen. Gehen war aber noch nicht möglich. Seither macht sie jeden Tag Fortschritte. Heute kann sie, obschon ihre rechte Körperseite noch immer gelähmt ist, langsam gehen. Zusätzlich leidet sie an Rheuma und Morbus Bechterew. Für Martina Gschwend gibt es aber immer nur einen Weg: Positiv denken und dankbar sein für jeden Tag. Dankbar für ihre Tochter. Dankbar für ihren Mann. Dankbar, dass sie diese schwere Zeit nach der Hirnblutung überstanden hat. Dankbar für das Leben.
Seit zwei Jahren verheiratet
Martina Gschwend schrieb ein Buch über ihr Leben nach der Hirnblutung («Unser Weg zurück ins Leben») und hält darüber Lesungen ab. Reto Gschwend besuchte eine dieser Lesungen. Die beiden lernten sich kennen und lieben und heirateten vor zwei Jahren. In Schwaderloch kauften sie ein Haus und bauten dort ein Paradies auf. Nicht nur für sich und ihre Tochter, sondern für einen halben Zoo. Tiere faszinieren Martina Gschwend, seit sie ganz klein ist. Ihre Eltern nahmen viele Tiere auf, die in Not waren. So haben Martina und Reto Gschwend in ihrem Garten ein grosses Paradies geschaffen für Tiere, denen es vorher schlecht ging. «Wir sind stets in Kontakt mit dem Tierschutz Aargau und übernehmen Tiere, die einen Platz brauchen», erklärt Martina Gschwend. 22 Meerschweinchen, 25 Kois, zwölf Kaninchen, acht Schildkröten, drei Katzen, drei Kanarienvögel, vier Wellensittiche, vier Zebrafinken und ein Huhn wohnen derzeit bei Familie Gschwend im liebevoll angelegten Garten.
Das Paradies eingerichtet hat zu einem Grossteil Reto Gschwend. Er ist Polymechaniker und setzt sein handwerkliches Geschick auch gerne in seiner Freizeit ein. Er baute in den letzten Monaten zahlreiche Ställe, Futterstationen, Durchgänge und legte zusammen mit seiner Frau auch im «grünen Bereich» Hand an. Aufgrund der naturnahen Pf lege und weil sich einheimische Wildpflanzen und Tiere hier besonders wohl fühlen, wurde Gschwends Garten durch «Pro Natura» zertifiziert.
Der Garten als Therapieplatz
Es tut der 40-Jährigen gut, jeden Tag mehrere Stunden draussen zu sein. Sie füttert die Tiere, mistet und pflegt die Pflanzen. «Die Tiere und der Garten sind ein Hobby für mich», erklärt sie. Und der Ort diene ihr auch als Therapieplatz. Seit sie dort so viel Zeit verbringe, gehe es ihr viel besser. Sie sei ausgeglichener.
Die Freude an den Tieren und an der schönen Natur möchte die Familie Gschwend auch mit anderen Menschen teilen. «Unser Ansporn ist, den Leuten die Natur näher zu bringen.» Bisher wurde ihr Angebot «Erlebnisgarten für Jung und Alt» nur wenig genutzt. «Wir haben hier so viel aufgebaut. Schade, dass die Leute nicht kommen», sagt Reto Gschwend. «Vielleicht haben die Leute auch Angst wegen Corona. Der Abstand kann hier aber sehr gut gehalten werden, und man ist ja draussen», meint Martina Gschwend. Sie ist jedenfalls sehr glücklich, dass ihr Mann und sie in ihrem Eigenheim ein «Tierparadies» aufbauen konnten, wo sich auch Menschen wohl fühlen. Und für Martina Gschwend bedeutet dieser Garten ein weiterer Schritt zurück ins Leben. «Ich stehe im Leben, bin glücklich, schätze und geniesse jeden Tag mit all seinen Facetten», schreibt sie auf ihrer Homepage. Mit dem «Tierparadies» ist für sie ein Traum in Erfüllung gegangen. Sie weiss, dass man im Leben die Hoffnung nie aufgeben darf und dass Träume und Wünsche sehr wichtig sind. Und davon hat Martina Gschwend noch ganz viele.
Helfer willkommen
Wie Martina und Reto Gschwend erklären, können in ihrem Tierparadies im Moment aus Platzgründen keine Kaninchen mehr aufgenommen werden.
Helfer und Helferinnen, welche die beiden bei der Arbeit mit den Tieren und im Garten gerne ehrenamtlich unterstützen möchten, sind herzlich willkommen. Auch sind die beiden Naturfreunde, welche für ihr Tierparadies alles aus dem eigenen Sack zahlen, für jede Spende dankbar. Sei es für Futter, Tierarztkosten oder andere Ausgaben.
Weitere Informationen unter www.martinagschwend.ch. (jtz)