SP Möhlin will Mittelschule auf Rheinfelder Boden bauen lassen
25.09.2020 MöhlinAbgelehnte Testplanung und Missverständnisse allenthalben
An der Möhliner Gemeindeversammlung vom 3. September scheiterte die gemeinsam mit Rheinfelden vorgesehene Testplanung. Bis zum 12. Oktober versucht ein Komitee, Unterschriften fürs Referendum zu sammeln. Und jetzt erklärt der Präsident der SP Möhlin seine Sicht.
Ronny Wittenwiler
Gemeindeversammlung Möhlin, man erinnert sich. Beantragt wird der Kredit für eine Testplanung nördlich des Bahnhofs. Diese soll aufzeigen, wie das Areal als Wohngebiet beplant werden kann, einmal auch unter Einbezug einer Mittelschule, für die sich Rheinfelden und Möhlin gemeinsam beim Kanton beworben haben. Möhlins Stimmbürger aber lehnen die Testplanung mit 133 Ja zu 147 Nein ab. 14 Stimmen Unterschied, 22 Enthaltungen.
Zuvor stellte die SP ihren Änderungsantrag: Eine Testplanung müsse zwingend eine dritte Variante beinhalten, nämlich den Bau der Mittelschule ohne zusätzlichen Wohnraum. Der Antrag scheitert mit 160 zu 59 Stimmen. Viele SP-Mitglieder hätten darauf auch den ursprünglichen Antrag des Gemeinderats abgelehnt, sagt Möhlins SP-Parteipräsident Werner Erni. Stunden später hält er auf Twitter entsprechend fest: «Der SP-Antrag (mit/ohne/nur) Mittelschule war wohl das Zünglein an der Waage.» Vier Tage danach wehrt er sich in dieser Zeitung: «Die Behauptung, die SP Möhlin soll die Mitschuld an einem möglichen Scheitern des Standorts für die Mittelschule tragen, ist falsch und entbehrt jeglicher Grundlage.»
Irgendwie ist der Wurm drin
Die NFZ hat mit Werner Erni ein Interview geführt. Dort sagt der Präsident der SP Möhlin Bemerkenswertes: Dass er und viele SP-Mitglieder der Testplanung, so wie sie in Rheinfelden an der Gemeindeversammlung vorgebracht wurde, «vermutlich zugestimmt» hätten. Notabene: Am Ende des Tages an jenem 3. September stimmten die Rheinfelder und die Möhliner über die exakt gleiche Vorlage ab; die beiden Anträge hatten denselben schriftlichen Wortlaut. So wie das Geschäft jedoch in Möhlin formuliert worden sei, habe er nicht zustimmen können, sagt Erni. Er müsse es aber zum x-ten Male betonen: Die SP sei nie gegen die Testplanung gewesen, wäre diese Testplanung ausdrücklich ergebnisoffen erfolgt. «Ich stelle fest, dass man nicht aufeinander hört. So kommt man nicht weiter.»
Zum vereinbarten Foto-Termin am Bahnhof Möhlin erscheint Erni mit einer Skizze. Die SP Möhlin hat einen Plan, wie die Mittelschule doch noch – auch ohne Möhliner Testplanung – hier nördlich des Bahndamms zu stehen kommen könnte: Sie solle ganz auf Rheinfelder Boden gebaut werden. Ihren Vorschlag hat die SP auf ihrer Webseite aufgeschaltet.
«Unser Antrag hatte nicht zum Ziel, alles abzulehnen»
Mit Werner Erni, Präsident der SP Möhlin, im Gespräch
Mit dem Nein zur Testplanung seien die Chancen auf die Mittelschule womöglich leicht gesunken, sagt Werner Erni. Dass die SP Möhlin dafür mitverantwortlich sei, weist er entschieden von sich.
Ronny Wittenwiler
NFZ: Werner Erni, die Präsidentin der SP Rheinfelden bedauert das Möhliner Nein zur Testplanung. Sie auch?
Werner Erni: Ich war etwas überrascht, traurig bin ich nicht so darüber. Es ist aber gut, wenn es ein Referendum gibt. So kann sich eine breitere Bevölkerungsschicht äussern.
Nachdem Ihr SP-Antrag abgelehnt worden war: Haben Sie der Testplanung zugestimmt oder haben Sie diese abgelehnt?
Ich habe mich enthalten. Weil weder ein Nein noch ein Ja meine Meinung abbildet. Nachdem unser Antrag abgelehnt worden war, haben viele unserer Mitglieder die Testplanung abgelehnt.
War Ihr Antrag ausschlaggebend, dass am Ende die Testplanung ganz abgelehnt wurde?
Das kann man so sehen, ja. Aber unser Antrag hatte nicht zum Ziel, alles abzulehnen.
Hätten Sie um den Ausgang der Gemeindeversammlung gewusst, würden Sie nochmals gleich vorgehen oder etwas anders machen?
Das ist eine hypothetische Frage.
Nicht hypothetisch gefragt: War das Opfer zu gross, das die SP bringen musste?
Was für ein Opfer?
Dass die Testplanung am Ende komplett abgelehnt und damit punkto Mittelschule ein schlechtes Signal nach Aarau gesendet wurde.
Eine Mittelschule kann man auch planen nur auf Rheinfelder Boden. Es heisst nicht, dass alles auf Möhliner Boden sein muss.
Die Frage bezog sich auf das Signal, das gesendet wurde.
Das war keine Absicht. Im Gegenteil.
Deshalb nochmals: Würden Sie es gleich machen oder im Nachhinein für ein Ja votieren?
Wir haben unser Vorgehen an Versammlungen und im SP-Vorstand beraten und wir kamen zu jenem Schluss, zu dem wir nach wie vor stehen. Wir hätten der Testplanung sehr gerne zugestimmt – unter der Voraussetzung, dass sie ausdrücklich ergebnisoffen erfolgt.
Der Rheinfelder Stadtammann sagte an «seiner» Gemeindeversammlung, eine ergebnisoffene Planung sei ohnehin vorgesehen. Haben die SP Möhlin und der Möhliner Gemeindeammann ein Kommunikationsproblem miteinander?
Das vermute ich. Der Rheinfelder Stadtammann fragte mich an der darauffolgenden Grossratssitzung, was in Möhlin vorgegangen war. Er zeigte mir sein Votum und fragte, ob die SP Möhlin diesem zugestimmt hätte.
Das möchte ich Sie auch fragen.
Ich glaube, mit diesem Votum hätten wir der Testplanung zustimmen können. Aber nicht so, wie es in Möhlin formuliert worden war. Vor allem nicht, nachdem der Gemeindeammann gesagt hatte, er verstehe unseren Antrag nicht und fragte, ob das ein Wunsch sei. Unser Antrag war glasklar: mit/ohne/nur Mittelschule. Er hatte uns überhaupt nicht zugehört.
Wie gespalten ist die Partei? Ein Mitglied, das die SP in einer Kommission vertritt, beteiligt sich aktiv im Referendumskomitee für die Testplanung.
Der Beschluss unserer Mitglieder, dass die Testplanung ergebnisoffen zu erfolgen hat, war relativ deutlich. Er hätte beide Lager verbinden sollen. Unsere Absicht war zudem, einen Teil aus dem Lager von «Pro Kulturland» für die Mittelschule zu begeistern. Von einer Spaltung kann man überhaupt nicht sprechen. Sicher aber gibt es Leute in der SP, die gegen eine Testplanung sind, weil sie einen weiteren Bauboom befürchten.
Würde dem Referendum zugestimmt, öffne das die Tür für eine vollständige Überbauung, hält die SP Möhlin in einer Mitteilung fest. Provokativ gefragt: Glauben Sie, dass Bürger, die keine Überbauung wollen, aus Versehen einer Einzonung zustimmen?
Aus Versehen nicht, vielmehr aus Angst.
Welche Angst?
Aus Angst, die Mittelschule nicht zu bekommen.
Der Standortentscheid zur Mittelschule ist doch vorher. Trauen Sie dem Fahrplan nicht?
Welchem Fahrplan?
Jener über den Zeitpunkt möglicher Einzonungen.
Mir ist kein Zeitpunkt für Ein- und Umzonungen bekannt.
Sie befürchten also, ein Einzonungsbegehren kommt vors Volk, noch bevor ein Entscheid zur Mittelschule fällt?
Nein! Der Entscheid über den Mittelschul-Standort erfolgt sicher vor allfälligen Einzonungen, in den nächsten Monaten. Wenn man eine Mittelschule bauen will, müsste man das benötigte Landwirtschaftsland umzonen.
Beim Bevölkerungswachstum reden wir aber von einer Wohnzone.
Davon hat ja noch niemand geredet.
Das hält doch die SP Möhlin mit ebendieser Mitteilung fest: Würde dem Referendum zugestimmt, öffne das die Tür für eine vollständige Überbauung.
Ja.
Auch wenn der Stimmbürger an der Gemeindeversammlung das letzte Wort hat?
Klar kann man dann nochmal entscheiden. Aber wir wissen doch: Zuerst kommt eine Testplanung, dann ein Planungskredit, dann ein Umzonungsbegehren und dann heisst es: Wir sind schon so weit fortgeschritten, jetzt machen wir weiter. Die Erfahrung zeigt, dass es genau so läuft.
Sie als Grossrat: Würden Sie eine Mittelschule am Standort Rheinfelden/Möhlin begrüssen?
Ja, sicher.
Wäre es der beste Standort im Fricktal?
Schaut man, woher die meisten Schüler kommen, wäre das der beste Standort. Auch von der ÖV-Erschliessung her: Näher am Bahnhof kann man es nicht haben.
Sind mit dem Nein zur Testplanung die Chancen für den Zuschlag gesunken?
Vielleicht minim. Aber das Nein ist keine Verhinderung. Es ist nach wie vor möglich, diese Schule zu bauen, einfach ganz auf Rheinfelder Land. Vom Städtebaulichen her wäre das auch sinnvoller.
Wie gross waren die Chancen vor der Gemeindeversammlung?
33,3 Prozent – ein Drittel.
Wie gross sind sie nach der Gemeindeversammlung?
Etwa 30 Prozent. Die Chancen sind vielleicht leicht gesunken, nicht wesentlich.