Warum es auf dem Land so schön ist
30.08.2020 Oberhofen«Man fühlt sich so behütet und sicher»
Oberhofen aus der Sicht von zwei Jugendlichen
Auf dem Spaziergang wird klar, dass für Tobias Müller (fast 16) und Ramon Hutter (16) die Natur sehr wichtig ist. Das ist mit ein Grund, weshalb sie sich an ihrem Wohnort in Oberhofen im Mettauertal rundum wohlfühlen.
Janine Tschopp
Es ist gut, dass die Journalistin die Turnschuhe angezogen hat für den Spaziergang mit Tobias Müller (fast 16) und Ramon Hutter (16) aus Oberhofen im Mettauertal.
Wir treffen uns bei Tobias Müller zuhause, und schon kurz nach der Begrüssung geht es los. Wir marschieren eine Zeitlang durch den Wald. Zum Glück sind wir alle drei Bewegung gewöhnt und haben noch genügend Luft übrig, um trotz des Aufstiegs miteinander zu sprechen. Unser Ziel an diesem Nachmittag ist das Waldhaus. Nach einiger Zeit erreichen wir ein Schild in Form eines Pfeiles mit der Aufschrift «Waldhaus Oberhofen». Es kann also nicht mehr lange dauern, bis wir unser erstes Zwischenziel erreichen. Die beiden jungen Herren setzen sich dort auf eine Bank für das erste Foto.
«Hier habe ich schon viel erlebt», sagt Tobias, als wir dann beim Waldhaus ankommen und uns auf die Sitzbänke bei der Feuerstelle setzen. Ob privat oder mit der Schule. Tobias und Ramon waren schon oft beim Waldhaus. Auch heute scheint hier etwas los zu sein. Einige Personen haben sich versammelt. «Ein Familienfest», erwidert ein Herr der Gesellschaft auf unsere Frage, was denn hier gefeiert werde. Während wir uns an diesem gemütlichen Ort unterhalten, bereitet er Holz für ein grosses Feuer vor.
Im Laufe des Gesprächs wird deutlich, dass die beiden jungen Menschen einige Gemeinsamkeiten haben. Eine davon ist, dass beide einen Teil ihrer Kindheit nicht in Oberhofen verbracht haben und sich jetzt an ihrem Wohnort sehr wohl fühlen. Ramon verbrachte die ersten zehn Jahre seines Lebens im Oberwallis, in der Nähe von Leukerbad. Später zog er nach Zürich und seit drei Jahren wohnt er mit seiner Familie in Oberhofen. Das Ländliche gefällt ihm sehr gut. «Man fühlt sich so behütet und sicher in so einem kleinen Dorf. Und alle helfen einander», findet er.
Genauso empfindet dies auch Tobias. Er wird sogar ganz deutlich und sagt: «Auf dem Land ist es schöner als in der Stadt.» Das werde ihm auch bewusst, wenn er einmal in einer Stadt sei, zum Beispiel zum Einkaufen oder Nachtessen. Er freue sich dann immer, wieder nach Hause zu fahren. Tobias wurde in Baden geboren, zog später ins Mettauertal nach Wil und wohnt seit ein paar Jahren in Oberhofen. Den Kindergarten besuchte er in Wil, die erste bis vierte Klasse in Etzgen und die fünfte und sechste Klasse wieder in Wil. Derzeit ist er in der neunten Klasse der Sekundarschule in Laufenburg. Ramon absolvierte die Bezirksschule in Laufenburg und befindet sich nun im ersten Jahr an der Kantonsschule in Aarau.
Beide, das ist eine weitere Gemeinsamkeit, haben ihr Berufsziel schon ganz klar vor Augen. Ramon möchte Arzt werden, und Tobias beginnt in einem Jahr eine Ausbildung zum Polymechaniker. Er freut sich, dass er eine Lehrstelle bei den Pilatuswerken in Stans in Aussicht hat. Denn auch sein weiteres Berufsziel hat er bereits im Hinterkopf. Es ist sein grosser Traum Militärpilot zu werden.
Im Wald
Nachdem wir uns bei der Feuerstelle lange unterhalten haben, und das Familienfest beim Waldhaus langsam in vollem Gang ist, setzen wir unseren Spaziergang fort. Wir stechen in den Wald und geniessen die angenehm kühle Luft und die verschiedenen Düfte aus frischem Holz, Gras und Blumen. «Hier haben wir als Kinder auch immer gerne gespielt», sagt Tobias und zeigt uns eine Stelle, die ein wenig an einen Märchenwald erinnert.
Ramon und Tobias gehen in ihrer Freizeit oft und gerne im Wald spazieren. Tobias fährt auch gerne mit seinem Mountainbike durch den Wald. Beide sind sehr sportlich. Neben Laufen im Wald betreibt Ramon gerne Fitness und ist Mitglied bei den Jungschützen Gansingen und Mettauertal. «In unterschiedlichen Kalibern», erklärt er. Tobias trainiert zweimal pro Woche die Kampfsportart Taekwondo in Schwaderloch. Einmal pro Woche besucht er die Jugendriege in Wil.
Auch in ihren Freizeitaktivitäten vermissen die beiden jungen Oberhöfner die Nähe zu einer grösseren Stadt nicht. «Vereine haben wir ja auch hier», sagen sie. Zudem gebe es in Hottwil einen Jugendclub.
An der Kanti in Aarau gehört Ramon einer Studentenverbindung an, die gerne Ausf lüge in umliegende Orte und Städte, wie zum Beispiel Basel, Brugg oder Laufenburg unternimmt. «Oberhofen liegt relativ zentral», findet er. Beide sind mit den Verbindungen zu den umliegenden Orte zufrieden. Tobias erklärt, dass es für ihn nie ein Problem gewesen sei, für die Schule und andere Aktivitäten das Postauto zu nützen. Er sei dies von klein auf so gewöhnt. In Oberhofen hat es eine Dorfbäckerei und einen kleinen Selbstbedienungsladen. «Und es hat hier einen Velomechaniker», betont Tobias. Möglichkeiten zum Einkaufen und Restaurants gibt es beispielsweise in den Nachbarsdörfern Wil und Gansingen. «Neu gibt es in Mettau auch das ‹Café Nova›, welches von meiner Nachbarin betrieben wird», ergänzt Tobias.
Beim Teich
Unser Spaziergang führt uns weiter an einen Teich. Auch dies ist ein Lieblingsplatz von Tobias. Dann schwärmt er, wie schön es sei, wenn man am Abend zu Fuss oder mit dem Velo durch den Wald fahre. Zu jeder Jahres- und Tageszeit sei der Wald anders und man sehe immer wieder Neues. Andere Tiere, andere Pflanzen. «Im Wald kann man vom Schulstress wegkommen», erklärt er.
Wir gehen weiter und entscheiden uns bei einer Verzweigung für den oberen Weg, so dass wir später eine bessere Sicht auf das 300-Seelen-Dorf haben. Tatsächlich sehen wir dann einige Hausdächer, die zu Oberhofen gehören. Von unserem Standort aus sehen wir auch die Häuser von Wil und Gansingen.
Dass sich ihr Dorf vor zehn Jahren zusammen mit Wil, Etzgen, Mettau und Hottwil zur Gemeinde Mettauertal zusammengeschlossen hat, finden Ramon und Tobias gut. «Schade finde ich, dass Gansingen nicht dabei ist», meint Tobias.
Nachdem wir die Aussicht genossen und ein paar Fotos geschossen haben, gehen wir weiter Richtung Dorf. Wir kommen an einem Baum vorbei, an welchen Tobias spezielle Erinnerungen hat. Er erzählt von einem weiteren Hobby, vom Modellfliegen. «Das Fliegen fasziniert mich schon lange.» Drei Modellflugzeuge habe er schon selber gebaut. «Bei diesem Baum hier lasse ich meine Modellflugzeuge manchmal fliegen», berichtet Tobias mit einem Leuchten in den Augen. «Da habe ich dich sicher auch schon gestört», meint er scherzend zu Ramon, der nur ein paar Häuser entfernt wohnt.
Dann kommen wir nochmals auf den Zusammenhalt im Dorf zu sprechen, den die beiden Jungen sehr schätzen. Es sei schön, an einem Ort zu wohnen, in welchem jeder jeden kennt. Man fühle sich so sicher und gut aufgehoben. Tobias erzählt von einem Ehepaar im Dorf, die für ihn wie «dritte Grosseltern» seien. Immer wenn er vorbeigehe, würden sie ihm winken.
Wo sehen Ramon und Tobias ihre Zukunft? «Die nächsten vier Jahre werde ich sicher noch hier sein», sagt Ramon. In vier Jahren plant er in Aarau die Matur zu absolvieren und dann möchte er mit seinem Arztstudium beginnen. «Dann werde ich vermutlich in einer Wohngemeinschaft in Basel oder Zürich leben.»
Tobias wird nächstes Jahr seine Lehre in Stans beginnen und später verfolgt er seinen Traum der Ausbildung zum Militärpiloten. «Dann werde ich wohl eher im Tessin sein.»
Wir nehmen noch den letzten Teil unserer Rundwanderung unter die Füsse und erreichen schon bald Tobias’ Elternhaus, wo wir uns verabschieden.
Beim Spaziergang und unseren Gesprächen wurde deutlich, dass Ramon Hutter und Tobias Müller ihren Wohnort sehr schätzen. Sie schätzen insbesondere die Natur und die Freiheit, sich jederzeit draussen zu bewegen sowie das Aufgehobensein in einer Dorfgemeinschaft.