«Für uns stimmt es hier»

  01.08.2020 Hottwil

«Für uns stimmt es hier»

 

Ramon Keller und Manuel Bredanger zeigen «ihr Hottwil»

In der NFZ-Serie «Unterwägs dehei» nehmen heute zwei junge Hottwiler die Leserinnen und Leser mit an die schönsten Plätze und erzählen ihre Sicht auf das Dorf.

Bernadette Zaniolo

Treff- und Ausgangspunkt für den Spaziergang mit Manuel Bredanger und Ramon Keller ist der Parkplatz beim Gasthaus Bären. Mit ihren grünen Puch-Töfflis kommen sie «angebraust». Zu den Töfflis aber später. Für den 22-jährigen Ramon Keller ist klar: Der Rebberg wird eine Station des heutigen Spaziergangs sein. Vorerst geht es jedoch zur Turnhalle und dem ehemaligen Schulhaus, dem heutigen Flösserhaus. Dabei handelt es sich um ein Gästehaus mit bis zu 45 Schlafplätzen. Das Haus gehört der Gemeinde Mettauertal und ist ideal für Gruppen- und Vereinsreisen, Seminare, Kurse, Sport- und Trainingslager sowie Feste. «Es war schon etwas enttäuschend», sagt Ramon Keller angesprochen auf die wegen des Lockdowns abgesagten Aufführungen von «Familiengeschäfte» der Theaterleute von Hottwil. «Vor allem für die Schauspieler und Schauspielerinnen», resümiert der gelernte Landschaftsgärtner. Denn diese hätten alles einstudiert. Keller ist seit sieben Jahren ebenfalls Mitglied im Verein. Bereits vorher habe er schon Theater gespielt. Hauptsächlich bei Freilichtaufführungen wirkt er mit. Er liebt die spezielle Stimmung draussen.

15 Kinder von der ersten bis zur fünften Schulklasse
Hottwil hat schon seit mehreren Jahren keinen Kindergarten und keine Schule mehr. Für Ramon und Manuel war es kein Problem, dafür mit dem Postauto nach Etzgen oder Wil zu gehen. Ramon hat die erste Schulklasse noch in Hottwil absolviert. «Wir waren etwa 15 Kinder, von der ersten bis zur fünften Klasse», erzählt er. Manuel Bredanger, der sich im zweiten Lehrjahr zum Zimmermann in einem Kleindöttinger Unternehmen befindet, fügt schmunzelnd an: «In meiner Klasse waren wir auch nur zwei aus Hottwil.»

Angesprochen auf die in jedem Ortsteil von Mettauertal geschaffenen Spiel- und Begegnungsplätze sagt Manuel: «Das war eine gute Idee.» Ramon ergänzt: «Der Platz hier in Hottwil wird viel genutzt.» Manuel, der in der Dorfmusik von Mandach Cornet spielt, erinnert sich an jene Momente zurück, als er mit seinen Kollegen in der Turnhalle Hottwil Fussball spielte. «Das Flösserhaus wäre in der Corona-Zeit ausgebucht gewesen», verrät Ramon. Jetzt gebe es wieder Reservationen von Schulen, Vereinen und für Geburtstags- und andere Feste.

Ramon und Manuel sind beide Mitglieder des TSV Mettauertal und spielen Unihockey. Früher habe es in Hottwil auch noch eine Jugi und einen Turnverein gegeben, erinnern sich die beiden jungen Männer. Sie finden es schade, dass die Informations- und Diskussionsabende der Gemeinde betreffend Dreifachturnhalle wegen Corona nicht stattfinden konnten. Ramon hat in Sachen Standort eine klare Meinung: «Sie gehört an einen Schulstandort.» Und eine Doppelhalle würde wohl auch reichen. Von seinem Grossvater weiss Ramon, dass bei «den Linden» (Abzweigung Richtung Wil/Hottwil und Oberhofen/Gansingen) in Mettau bereits früher ein Schulstandort «und eine Badi» im Gespräch waren. Ramon ist interessiert an der Politik, der Weiterentwicklung und dem Geschehen der Gemeinde. Er nimmt an den Wahlen und Versammlungen teil. Angesprochen auf ein Mitwirken im Gemeinderat hält er fest: «Das könnte ich mir zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen.»

Den Sonnenuntergang in den Rebbergen geniessen
Doch bis es soweit ist, wird er zusammen mit Manuel und weiteren Kollegen, Freunden und Verwandten noch zahlreiche Momente in den Rebbergen geniessen. «Von hier aus hat man einen schönen Blick aufs Dorf und bis in den Schwarzwald», sagt Ramon als wir dort oben angekommen sind. Er schwärmt von den schönen und langen Sonnenuntergängen, die er dort schon erlebt hat. Auch auf unserem Spaziergang hätten wir dort gerne einen längeren Halt eingelegt, dort beim schön mit Reben gedeckten Rastplatz mit Grillstelle. Doch dafür fehlt heute die Zeit.

Mit Blick aufs Dorf erinnert Ramon daran, dass es unweit des Gasthauses Bären einmal ein Lädeli und die Post gab, welche von Barbara Keller geführt wurden. «In diesem Haus dort, hat der frühere Bankverwalter gewohnt», so Ramon Keller zu seinen beiden Begleitern.

Via «kleiner Susten» zurück
Weiter geht es durch den Rebberg und dann hinunter an den Fuss des «kleinen Susten», wie die kurvenreiche Strasse zwischen Hottwil und dem Übergang nach Mandach auch genannt wird. Wir kommen am ehemaligen Schützenhaus am Bach vorbei, wo Manuel früher öfters mit seinem Schulkollegen Max Vogt war.

Die letzte Station auf der Tour ist das ehemalige Milchhüsli. Im oberen Stock wurde während mehr als zehn Jahren das Hottwiler Flösserbier gebraut. Mit dem letzten Sud für das Theater Hottwil stellten die Hobbybrauer Anfang März den Betrieb ein (die NFZ berichtete). Im Untergeschoss befindet sich seit ein paar Jahren der Jugendtreff Mettauertal, in dessen Vorstand Ramon als Kassier wirkt.

Nach einem Blick in die Innenräume des Jugendtreffs geht es wieder zum Gasthaus Bären, dem einzigen Restaurant im Dorf. «Das Dorf lebt mehr, wenn es noch ein Restaurant hat», sagen die beiden unisono. Auch wenn Ramon leicht «befangen» ist (seine Eltern Geri und Esther Keller-Hegi wirten auf dem «Bären»). Eine solche Einkehrmöglichkeit in den Dörfern schätzen die beiden jungen Hottwiler und ihre Kollegen vor allem nach dem Training. Es ist ein Treffpunkt, unter anderem auch für Landwirte, die gerne zu einem Café, Bier und kurzen Austausch kommen. In den Ausgang gehen Manuel und Ramon nach Baden oder Brugg.

Doch wie kommt man als Hottwiler dorthin? Natürlich mit dem Töffli. Obwohl Ramon mittlerweile auch ein Motorrad besitzt, schraubt er gerne an Töfflis. «Natürlich ein Puch oder Sachs» müsse es sein. Grosse Freude bereitet Ramon, dass auch sein Vater seit Kurzem wieder ein eigenes Töffli fährt.

«Für uns stimmt es hier», sagen Manuel Bredanger und Ramon Keller, angesprochen auf die ÖV-Verbindungen und dass in Hottwil halt nicht so viel läuft wie in grösseren Ortschaften. Schön wäre es natürlich, wenn es noch einen Laden im Dorf hätte. Man hat sich jedoch damit abgefunden und «man macht die Einkäufe auf dem Heimweg», sagt Ramon. Man merkt, die beiden jungen Menschen lieben «ihr Hottwil», so wie es ist. Klein, aber fein.

Hottwil, vielleicht noch Wil
Apropos klein und fein: beide schätzen die gut bürgerliche Küche. «Eine rechte Portion, einfach und gut», so Manuel mit freudenstrahlenden Augen. Und nach dem Lieblingsmenü befragt, sagt Ramon schmunzelnd: «Hackbraten mit Kartoffelstock.» Er betont jedoch: «Beides selbstgemacht. Kein Stocki.» Ramon Keller, der 2018 an der Berufsnachwuchs-Europameisterschaft in Tschechien mit dem Aargauer Team den ersten Rang erreichte, ist mittlerweile Vorarbeiter in einer Landschaftsgärtnerei im Raum Baden. Im «Bären» ist er auch für den Kräutergarten zuständig. Gedanken darüber, ob er für immer in Hottwil leben möchte, macht sich Manuel Bredanger noch nicht. Ramon Keller kann sich einen Wegzug nur für kurze Zeit vorstellen. Danach «muss» es wieder Hottwil sein: «Vielleicht noch Wil.» Ein anderer Ortsteil von Mettauertal kommt für ihn weniger in Betracht. Man darf gespannt sein, «wohin» es die beiden jungen Männer beruflich und privat bringen und ziehen wird.

 

 


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