Verborgene Köstlichkeit
19.07.2020 MöhlinAuf Du und Du mit unserem Trinkwasser im Wasserreservoir Möhlin
Etwas versteckt gelegen und von der Bevölkerung kaum wahrgenommen, aber von fundamentaler Bedeutung für uns alle: Wasserreservoire. Ein guter Grund, um einmal hinter die verschlossene Türe solch eines Bauwerks zu schauen.
Birke Luu
Mit dem Brunnenmeister von Möhlin, Andreas Schib, geht es im Zickzack zwischen den Feldern hindurch. Irgendwo ausserhalb des Dorfes und – eigentlich logisch – oberhalb des Ortes am Fusse des Sonnenbergs gelegen, befindet sich das Wasserreservoir von Möhlin. Na gut, eigentlich sind es gleich vier (mit insgesamt 5,2 Millionen Liter Speichervolumen), aber nur zu einem von ihnen öffnet er heute die Tür. Etwas versteckt ums Eck und hinter Büschen liegt der Eingang, so wie das ganze Gebäude an sich. Wasserreservoire werden nämlich generell in den Boden gebaut und mit Erde und Bewuchs überdeckt, also bewusst verborgen, um eine möglichst konstante Wassertemperatur zu gewährleisten. Wie in einem Keller ist es in den unter die Erde gebauten Räumen kühler und dunkel, beides Voraussetzungen, um die gute Qualität des eingeleiteten Wassers während der Speicherzeit im Reservoir zu erhalten.
Durchs Bullauge
Mit dem Brunnenmeister geht es dann eine Etage hinab zum Herzstück des Baus, den Wasser-Kammern. Drei sind es heute, ursprünglich gab es in den 1980ern nur eine. Da die Bevölkerung über die Jahre jedoch zunahm, wurden grössere Kapazitäten gebraucht und so kam zunächst eine zweite Kammer und schliesslich 2007 die dritte Kammer hinzu. Alle sind mit stählernen Drucktüren, die sich zur Sicherheit nur nach innen öffnen lassen, vom Vorraum getrennt. Doch öffnen lassen sie sich sowieso nur zur Reinigung oder Revision, denn die Kammern sind im Normalfall bis fast zur Decke mit kostbarem Wasser gefüllt. Durch ein Bullauge in jeder Tür kann man unter Wasser in die Räume hineinschauen. Vollkommen leer und ruhig erscheinen diese, weit sieht man durch das herrlich klare Trinkwasser. Nur einzelne Säulen und die starken Lampen, die das Wasser anmächelig blau leuchten lassen, sind vorhanden.
Im Vorraum, der gleichzeitig das Treppenhaus ist, befinden sich hingegen diverse verzweigte Rohre und andere Technik. Irgendwoher muss das Wasser ja kommen und zu irgendeinem Möhliner Verbraucher soll es ja dann auch fliessen.
Woher und wohin
Andreas Schib erklärt, dass sich im Reservoir Mischwasser befinde. Dieses setze sich aus über 80 Prozent Grundwasser und einem Rest an Quellwasser zusammen. Während die 23 relevanten Quellen im Bereich Sonnenberg-Zeiningen-Zuzgen lägen und beständig ihr Wasser ins Reservoir lieferten, stamme das Grundwasser aus den beiden Grundwasserfassungen «Hölzli» in der Nähe des Bata-Areals und somit aus dem Grundwasserstrom des Rheins. Von dort aus werde es – im Idealfall nachts mit günstigem Strom – in die höher gelegenen Reservoire gepumpt, wo es dann als Reserve zum Ausgleich der täglichen Verbrauchsschwankungen diene. Insgesamt könne Schaufelacker 2 bis zu 1,5 Millionen Liter an Trinkwasser speichern. Eine Menge, wie sie ungefähr auch pro Tag verbraucht werde. Das Wasser bleibe also im Durchschnitt nur einen Tag im Reservoir, bevor es dann ganz ohne künstlichen Druck zu den niedriger gelegenen Verbrauchern in Möhlin gelange und dort scheinbar mühelos aus dem Hahn f liesse. «Die meisten Leute wissen fast nichts über ihre Wasserversorgung», erzählt Andreas Schib. Hauptsache, das Wasser komme zum Hahn heraus. Aber was da alles dahinterstecke, sei einfach enorm, schwärmt er. Enorm interessant, enorm spannend und auch enorm lang, wie die rund 85 Kilometer an Wasserleitungen beweisen, die von den vier Reservoiren aus ganz Möhlin versorgen. Oberirdisch erkennbar sei die im Erdreich verborgene Hauptleitung an den rund 500 Hydranten entlang der Strassen. Von der Hauptleitung aus führten dann die Hausanschlüsse zu den einzelnen Gebäuden. Andreas Schib wüsste noch so einiges mehr zu erzählen. Er ist der Leiter der Wasserversorgung Möhlin, hat zudem eine Ausbildung als Brunnenmeister gemacht. Er liebt seinen vielseitigen Beruf, obgleich er sich manchmal doch etwas mehr Verständnis von der Bevölkerung wünscht – zum Beispiel bei kurzfristig nötigen Wasserunterbrüchen.
Die Bezeichnung «Brunnenmeister», und das macht er ganz deutlich, habe dabei nichts mit den rund 40 Möhliner Dorf brunnen zu tun. Dieser Titel komme stattdessen daher, dass er bei den Arbeiten sowohl mit den Grundwasser-Brunnen als auch mit den Brunnenstuben der Quellen zu tun habe. Und er verrät zudem, dass unser Trinkwasser das meistgeprüfte Lebensmittel sei – und dabei äusserst billig. Für 1.20 Franken erhalte man 1000 Liter Trinkwasser, im Laden hingegen erhalte man zum gleichen Preis keine zwei Liter davon. Darüber sollte man einmal nachdenken.
Nach seinem wöchentlichen Kontrollgang durchs Reservoir, der wohl zufriedenstellend war, geht es wieder zurück – zu den Unterhaltsarbeiten, auf eine der Baustellen oder in die in Schallengasse. Dort befindet sich die Leitzentrale der Wasserversorgung Möhlin sowie der angegliederten Gemeinden (Zeiningen, Zuzgen, Hellikon, Mumpf und Wallbach). Von hier aus können Andreas Schib und sein Team alle Daten überwachen. An diesem Ort wird letztendlich das Innenleben der in der Landschaft verborgenen Reservoire doch sichtbar, minütlich verfolgbar und auswertbar.