Unfassbar: schon 1000 Fassbars

  17.04.2020 Nordwestschweiz

Seit gut 17 Jahren produziert der Sissacher Künstler Martin Speiser seine exklusiven, mobilen «Fassbars» – jede ein Unikat. Längst ist aus seinem Hobby ein Fulltime-Job geworden.

Peter Stauffer - Volksstimme

SISSACH. «Ich weiss eigentlich nicht so genau, wie ich auf die Idee mit der ‹Fassbar› gekommen bin», erzählt Martin Speiser. «Ich hatte ein paar Jahre als Barkeeper gearbeitet und wollte schon immer eine Bar für zuhause haben.» Der 49-Jährige lebt heute mit seiner Partnerin und seinem viereinhalbjährigen Sohn in Sissach. Aufgewachsen ist er in Gelterkinden. Nach seiner Ausbildung zum Elektromonteur arbeitete er in Basel und während drei Wintersaisons in Arosa als Barkeeper Er sei damals eine Art Lebenskünstler gewesen und habe diese Art zu leben genossen. Nach Abschluss dieser Phase sei ihm die Umstellung auf «normale» Arbeitszeiten nicht leichtgefallen. Speiser machte sich selbständig und arbeitete an verschiedenen Orten auf Montage. Im dritten Stock der Oberen Fabrik richtete er vor 17 Jahren ein kleines Atelier ein. Hier tüftelte er in seiner Freizeit in den unterschiedlichsten Richtungen und produzierte Gegenstände wie Kerzenständer, Lichtobjekte und Ähnliches. «Und da war einfach einmal die Idee mit dieser Bar im Fass da», berichtet er.

Handmade in Sissach
Es handelt sich um ein Fass auf Rädern, längs aufgeschnitten, auf einer Seite mit Scharnieren versehen, in beiden Hälften Tablare für Gläser und Flaschen, und fertig war das exklusive Designermöbel, das er urheberrechtlich schützen liess. Bisher sind insgesamt 1000 dieser originellen und fahrbaren Bars entstanden. Sie sind in zwei Grössen – large und medium – erhältlich. Jede «Fassbar» ist ein Unikat, einzeln nummeriert und hergestellt nach den Wünschen des Kunden. Speiser macht von A bis Z alles eigenhändig. Er bestellt die Originalstahlfässer einbrennlackiert – so sind sie vor Rost geschützt – in Weiss. Die Bearbeitungszeit vom leeren Fass bis zur fertigen Bar erstreckt sich über etwa drei Tage, da die Abläufe immer wieder Trocknungsphasen beinhalten. Alle Arbeitsschritte vollzieht er entweder in seinem Atelier oder im eigenen Spritzraum im Untergeschoss der Oberen Fabrik: Aufschneiden der Fässer, Schleifen, Verstärken von Boden und Deckelhälften, Grundieren, Spritzen, Befestigen von Rollen, Tablaren und Scharnieren und Finissage. In die nähere Umgebung liefert Speiser seine Fässer persönlich aus, da das Verpacken und Zum-Versand-Bereitmachen der fertiggestellten Möbel eine bis anderthalb Stunden beanspruchen.

Im zweiten Anlauf
Was im Jahr 2003 als eine Art «Spinnerei» begann und bis 2009 ein Hobby mit viel Zeitaufwand blieb, ist längst eine Art Fulltime-Job geworden. «Momentan brauche ich etwa 50 Prozent meiner Zeit für die ‹Fassbar›- Produktion», erklärt der 49-Jährige, «30 Prozent bin ich sonst unterwegs und 20 Prozent gehören meinem Sohn.» Speiser erinnert sich noch gut an seinen ersten Messebesuch als Verkäufer: Er habe praktisch keines seiner Kunstwerke verkauft, für die «Fassbar» fand er immerhin drei Käufer und viele positive Rückmeldungen. Bei seiner zweiten Messeteilnahme stelle er ausschliesslich die «Fassbar» aus und kehrte mit 50 Bestellungen in sein Atelier zurück.

Bis vor zwei Jahren bot er seine Bars in über 20 Geschäften an. Mit der Zeit seien nur noch einzelne Bestellungen hereingetröpfelt. Heute ist seine «Fassbar» nur noch beim Atrium in Liestal und bei Muff Haushalt in Sissach im Angebot. Werbung mache er nicht gross. Sein Produkt verkaufe sich mehrheitlich durch Mundzu-Mund-Werbung. Wo genau überall seine Bars aufgestellt sind, weiss er nicht im Detail. Einige seien auch schon ins Ausland – Deutschland, Schweden, USA, Frankreich und sogar nach Russland – gegangen, habe er gehört. An die Erfüllung eines speziellen Kundenwunsches erinnert sich Martin Speiser besonders: «Ich hatte eine Bestellung für zwei Bars in Neon-Pink. Die musste ich mit der Sonnenbrille bearbeiten, da mir nach ein paar Minuten die Augen wehtaten.» Besonders seien auch die wenigen Bars gewesen, deren Äusseres mit Airbrush gestaltet worden sind.

Auf die Frage am Schluss des Gesprächs, ob er nun ein Künstler, ein Handwerker oder gar ein Lebenskünstler sei, will er sich nicht festlegen. Es stecke wohl von allem ein bisschen in ihm. Auf Letzteres weisen seine Hobbys hin: Biken – Golf – Geniessen.


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