Die Zukunft ist gesichert

  11.02.2020 Laufenburg, Tradition

Bewegende Momente auf dem Hauptbott der Narro-Altfischerzunft

Mit der Aufnahme seines Enkels in die Zunft war es für René Leuenberger, den Älteren ein emotionaler Bott, an dem auch sein Ehrengast aus dem hohenzollerischen Hechingen teilhaben durfte.

Boris Burkhardt

Die 36-jährige Carola Kunz fühlt sich sichtlich wohl in der Zunftstube «Taverne Schiff» der Narro-Altfischerzunft der Mehreren Stadt: Die typisch schwäbische selbstbewusste Autorität, das dunkle Kleid im wilhelminischen Stil, der Pelzkragen und der mächtige Hut mit Gesichtsschleier und dazu ihre närrische Amtsbezeichnung lassen die «Oberalte» älter und gesetzter wirken, als sie ist. Kunz ist als Vertreterin der Narrhalla aus der Hohenzollernstadt Hechingen am Fusse der Schwäbischen Alb eine von rund 20 Ehrengästen, die von Narro-Zunftmitgliedern persönlich eingeladen wurden, am vergangenen Ersten Faissen dem Hauptbott in der Stadthalle beizuwohnen.

Mit 140 Kilometern hat Kunz die längste Anreise nach Laufenburg hinter sich; sie kam auf persönliche Einladung von Ehrenzunftmeister René Leuenberger, dem Älteren. Man kennt sich zwischen Willisau und Offenburg, Laufenburg und Bad Cannstadt unter den Narren der Vereinigung Schwäbisch Alemannischer Narrenzünfte (VSAN), zu deren 13 Gründungsmitgliedern 1924 die Narro-Altfischerzunft gehörte. Vor der höchsten gemeinsamen Versammlung beider Zünfte aus der Mehreren und der Minderen Stadt werden die Gäste durch Leuenberger und Ehrenzunftmeister Felix Klingele betreut. Klingele weiht sie in Geheimnisse ein, die manchem Laufenburger noch nicht bekannt sein dürften: So tritt er Gerüchten entgegen, die badischen Narronen hätten viereckige Blätzli an ihrem Gwändli, die Schweizer hingegen dreieckige. «Wir haben keinen Ecken ab», witzelt Klingele und erklärt, dass jeder Narro Form und Farben der Blätzli an seinem Gwändli selbst wählen kann, wie es ihm gefällt. Einzige Bedingung: Die Stadtfarben Rot und Gelb müssen vertreten sein.

Einer der ältesten Fasnachtsbräuche
Mehrfach weist Klingele die Gäste darauf hin, in wieviel Minuten sie sich nach draussen begeben müssen, um gegen Viertel vor acht die herannahende Tschättermusik nicht zu verpassen. Doch die ist mit ihrem wunderschönen monotonen Rhythmus in der herrlichen Akustik der Altstadtgassen natürlich nicht zu überhören, als sie vom Marktplatz die Fischergasse herunterkommt. Klingele erklärt, dass die Tschättermusik seit 1611 belegt und damit einer der ältesten Fasnachtsbräuche überhaupt ist. Das erkennt selbst die «Oberalte» aus dem Stammsitz der deutschen Kaiser an: Die organisierte Fasnacht in Hechingen ist «erst» 135 Jahre alt.

Um halb neun beginnt der Hauptbott beider Zünfte: Die moderne, geräumige Stadthalle bricht etwas mit dem altehrwürdigen Habitus der Narrenzunft von 1386, die ihr Alter bei jeder Gelegenheit betont. Im getäfelten Pfarrsaal in der Minderen Stadt, wo der Hauptbott abwechselnd stattfindet, herrsche eine viel schönere Atmosphäre, raunen badische Narronen den Ehrengästen zu. Doch der klare Vorteil auf der Schweizer Seite: Die Stadthalle hat wesentlich mehr Platz für Ehrengäste. Kunz betritt den Saal Arm in Arm mit Leuenberger und nimmt neben ihm am Tisch Platz.

Claus Epting nun Ehrenzunftmeister
Für Leuenberger ist der heurige Hauptbott ein ganz besonderer: Mit der Vereidigung seines Enkels Lukas Leuenberger durch seinen Sohn René Leuenberger dem Jüngeren in der Eigenschaft als Zunftmeister der Mehreren Stadt sind nun drei Generationen Leuenberger in der Narro-Altfischerzunft aktiv. Auch für den jüngeren René, der sein Amt zum letzten Mal am Hauptbott ausübt, ist die Vereidigung natürlich ein bewegender Moment, wie er betont: Die Ehre, dass ein Vater seinen Sohn vereidigen dürfe, gebe es in der Zunft erst zum vierten Mal. Doch auch für die Narronen der Minderen Stadt ist der Hauptbott 2020 ein emotionaler: Nach acht Jahren als Zunftmeister wird Claus Epting aus seinem Amt verabschiedet; sein Nachfolger Thomas Scherzinger, der in Kaisten wohnt, ernennt ihn zudem zum Ehrenzunftmeister. Epting bedankt sich unter anderem für die grosse Unterstützung aus der Mehreren Stadt, die er immer erfahren habe, und betont: «Ich habe immer versucht, uns als eine Zunft zu sehen.» Schliesslich darf auch der persönliche Gastgeber der «Oberalten» noch aufs Podium: René Leuenberger, der Ältere, wird für 50 Jahre Zunftmitgliedschaft geehrt. Zudem hat er bereits bei der Hauptversammlung der VSAN vor wenigen Wochen in Singen die Goldene Ehrennadel erhalten, was sein Sohn sehr bedauert, der sie ihm gerne selbst angesteckt hätte.


Ehrungen

Seit bereits 70 Jahren ist Turti Gerteis Mitglied der Narro-Altfischerzunft; der Geehrte konnte am Hauptbott allerdings nicht anwesend sein. Für 50 Jahre wurden neben Leuenberger d.Ä. (siehe Haupttext), Georg Leber, René Kistler und Antonio Perlini geehrt. 25 Jahre dabei sind Didi Höfler, Henning Mönig und Wolfgang Wittmann, 15 Jahre Daniel Kern, Karl Jäckle und Matthias Rebholz. Der langjährige Zunftstubenkoch der Mehreren Seite, Robert Ullmann, wurde zum Ehrenzunftbruder ernannt. Von der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) wurden Zunftmeister René Leuenberger d.J. mit der Ehrennadel in Silber, Hartmut Jäckle, Didi Höfler und Thomas Wasmer in Bronze ausgezeichnet. (bob)


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