Listenfüller
16.01.2020 Möhlin, KommentarKaum sind die eidgenössischen Wahlen vorbei, richten die Aargauer Parteien ihren Blick wieder nach vorne – auf die Grossratswahlen vom 18. Oktober 2020. Bereits jetzt werden die Fühler ausgestreckt. Wer tritt wieder an, wen gilt es zu ersetzen und vor allem: Wer ist bereit zu kandidieren? Und so sicher wie das Amen in der Kirche werde ich auch diesen Herbst wieder gefragt: «Warum ist dieser und jene auf eurer Liste? Die haben doch gar keine Chance». Meist folgt dann noch abschätzig: «Das sind doch eh nur Listenfüller!». Ja es ist wahr. Jede Partei versucht alle Plätze zu «füllen». Aber nicht nur für die kleinen ist es oft unmöglich, genügend hochkarätige Persönlichkeiten mit reellen Wahlchancen zu finden. Aber jede leere Zeile verführt die Wählenden dazu, jemanden von einer anderen Partei auf die Liste zu schreiben, was Stimmen kostet.
Für mich ist jedoch etwas anderes noch viel wichtiger: Die Zusammenstellung der Kandierenden sehe ich als Chance, das Spektrum der Grünen abzubilden. Man kann es mit dem Radsport vergleichen. Auch dort sind die Teams aus Sportlerinnen und Sportlern mit unterschiedlichen Qualitäten zusammengesetzt. Die grosse Mehrheit der Teilnehmenden hat kaum Chancen auf den Sieg. Diese so genannten «Wasserträger» sind aber eminent wichtig, um ihre Spitzenleute nach vorne zu bringen. «Listenfüller» tun genau dies. Sie holen Stimmen für die Partei und das ist bei den Parlamentswahlen, wo im Gegensatz zu den Regierungsratswahlen der Proporz gilt, unabdingbar. Für mich sind diese Kandidierenden darum die eigentlichen Helden der Wahlen: Ohne Chance einen direkten Gewinn aus der Sache zu ziehen, stellen sie sich in den Dienst der Partei und tragen ihre Überzeugungen nach aussen. Dieses Exponieren braucht Mut, denn man riskiert durchaus blöde Sprüche oder gar Anfeindungen. Deshalb verdienen «Listenfüller» unseren Respekt und falls auch Sie einmal für eine Kandidatur angegangen werden: Sagen Sie nicht einfach leichtfertig nein, sondern denken Sie daran, dass es eben auch ein Team für die hinteren Listenplätze braucht.