Hoch lebe das Glück!
31.12.2019 MöhlinHeisses Glück in kalter Nacht
Hans Mahrer: zwei Uhren am Handgelenk, das Herz auf der Zunge
Achtzig Jahre alt ist er eben erst geworden und gerade an Silvester kein bisschen leiser: Der Möhliner Hans Mahrer bringt den Ambos zum Klingen, für viele ist diese Tradition der Hammer.
Ronny Wittenwiler
Es gibt Dinge im Leben, die ändern sich nie. Und das ist gut so. Heute Abend, kurz vor Mitternacht, werden wieder zweihundert Menschen, vielleicht dreihundert, ihr Haus verlassen, ihre Wohnung, und den Weg in Richtung Möhliner Schmittenbrücke unter die Füsse nehmen. Sie tun es, weil sie wissen, dass er da sein wird, der Mahrer; Hans Mahrer – pensionierter Hufschmied, fest angestellter Glückmacher für diese eine ganz besondere Nacht.
Mit Hammer und Amboss
Als Jungspund stand er anno 1956 zum ersten Mal an Silvester an jenem Ort mitten im Dorf, dem seither stets zum Jahreswechsel ein besonderer Zauber innewohnt. Die Geschichte ist in der Gemeinde wohlbekannt und sie hat sich in all den Jahren längst herumgesprochen, über die eigenen Grenzen hinweg; von ihrem Glanz aber hat sie derweil nichts verloren. Und deshalb wird Hans Mahrer auch heute Abend mit grosser Leidenschaft für sich selber und vor allem für all die Menschen da draussen ein Stück vom Glück zurechtbiegen. Mit Hammer und Amboss wird er das glühende Eisen bearbeiten, schmieden, solange es heiss ist, und er wird damit beginnen ein paar wenige Minuten in diesem alten Jahr, auf dass es im neuen 2020, gerade erst geboren, seine perfekte Vollendung finden möge.
Dem Hans im Glück beim Bearbeiten des Hufeisens zur Seite stehen wird Sohn Adrian. Auch er, der Junior, 55, ist längst ein alter Hase, seit rund vierzig Jahren assistiert er seinem Vater bei dieser Meler Brauchtumspflege.
Mit den besten Wünschen
Die NFZ hat den Schmittehans im alten Jahr noch einmal getroffen und ihn gefragt, ob er denn bereits auf seinen standesgemässen Einsatz brenne. «Ich lebe ja fast auch ein bisschen dafür und habe einfach ‹soumässig› den Plausch». Klar ist auch jetzt schon, dass er nach getaner Arbeit heute Nacht, das neue Jahr 2020 gerade erst ein paar Augenblicke alt, ein paar Worte an die beiwohnenden Menschen richten wird – mit den besten Wünschen für die neue Zeitrechnung. Dass der Mahrer Hans sein Herz auf der Zunge trägt, auch das ist übrigens bekannt. Bleibt bloss noch die Frage, was die zwei Uhren in der Silvesternacht am Handgelenk sollen. «Manchmal sind es sogar drei. Ich bin ein grosser Uhren-Fan. So einfach ist das.» alles klar. Der Countdown läuft. Es kann losgehen. Heute Nacht. Der Hans ist parat. Das Glück scheint es auch. Wer das Hufeisen mit Jahrgang 2019/2020 dieses Mal bekommt, ist übrigens klar, bloss: «Das ist aber noch geheim.» Sagts – und lächelt.