«Wenn ich etwas mache, dann immer 100 Prozent»
24.11.2019 FrickMarkus Kunz über den Mut, loszulassen
33 Jahre lang hat Markus Kunz zusammen mit seiner Frau Madeleine die Kunz AG in Frick geführt. Jetzt haben sie den Betrieb verkauft. Langweilig wird es dem Konditor-Confiseur aber sicher nicht. Er lebt in kleinerem Geschäft seine Passion, die Herstellung von Konfitüren, weiter und schmiedet auch hier schon Zukunftspläne.
Susanne Hörth
Markus Kunz sticht einen Zimtstern aus dem mit weisser Zuckerschicht überzogenen Teig aus, legt ihn vorsichtig zu den anderen auf ein Backblech. «Das ist Chefsache», grinst der Fricker. «Schon mein Vater hat sich persönlich um das Weihnachtskonfekt gekümmert. Und das bis ins hohe Alter.» Er schiebt das volle Blech beiseite, nimmt ein neues hervor und platziert es auf der grossen Arbeitsplatte neben sich. Draussen vor dem grossen Schaufenster laufen Leute vorbei. Viele von ihnen winken grüssend, als sie den Konditor- und Confiseur-Meister hinter der Glasscheibe entdecken. Man kennt sich. Nicht von ungefähr.
Vor 50 Jahren haben die Eltern von Markus Kunz ihre Bäckerei/Konditorei von der Baselbieter Gemeinde Aesch ins aargauische Frick verlegt. Nach seiner Lehre und einigen «Wanderjahren» in sehr guten Confiserien der Schweiz, kehrt Markus Kunz mit Ehefrau Madeleine 1985 nach Frick zurück. Zwei Jahre später übernahmen sie den elterlichen Betrieb, bauten ihn kontinuierlich aus und eröffneten im oberen Fricktal mehrere Filialen mit Cafés. Stolz ist Markus Kunz auch darauf, dass sich das Unternehmen mit seinen Premium-Produkten und speziellen Konfitüren einem Ruf weit über die Region hinaus geschaffen hat.
Beruf und Hobby
Wer Markus Kunz beim Reden zuhört, vielmehr ihn beim Schaffen beobachtet, erlebt einen Mann, der ganz und gar in seinem Beruf aufgeht. Insbesondere, wenn dieser Mann dann auch noch sagt: «Ich habe das Glück, dass mein Beruf längst auch mein Hobby ist oder umgekehrt.» Dennoch hat sich der 63-Jährige zusammen mit seiner Frau entschieden, die Bäckerei/ Konditorei und die dazugehörenden Cafés in neue Hände zu übergeben. Ab 1. Januar 2020 übernimmt der 37-jährige Michael Bracher das Ruder (die NFZ berichtete).
«Es braucht junge Leute mit neuen, verrückten Ideen», geht Markus Kunz auf die Herausforderungen nicht nur in seiner Branche ein. Er glättet vorsichtig den Zacken eines frisch ausgestochenen Zimtsternes. Er selber habe bei sich festgestellt, dass bei ihm vieles etwas eingefahren sei. «Ich denke, es war jetzt Zeit für einen Wechsel.» Ein Wechsel, der von langer Hand vorbereitet wurde. «Man sagt, es braucht für die Nachfolgeregelung zwischen fünf bis sieben Jahre. Bei uns hat sich das mit rund sechs Jahren bestätigt.» Diese Zeit sei auch nötig gewesen, um sicherzustellen, dass eine gute Lösung für das mittlerweile 82 Mitarbeitende zählende und über mehrere Filialen verfügende Unternehmen gefunden werden konnte.
Loslassen
Markus Kunz hält kurz inne, blickt auf das Blech voller Weihnachtssterne. Ja, er sei sich bewusst, dass es die letzte «Guetzli»-Saison in seinem Noch-Betrieb ist. Auch der Fricker Markt am 11. November sei nach über 35 Jahren der letzte gewesen, an dem er mitgemacht habe. «Es wird jetzt ständig Dinge im Geschäft geben, die ich ein letztes Mal mache.» Wehmütig? Kunz schüttelt den Kopf. Er weiss sehr wohl, dass der Loslass-Prozess schon längst begonnen hat. Personelle Engpässe im Betrieb der letzten Monate hätten aber ein sich Einstellen auf die Zeit nach dem «Geschäften« noch gar nicht richtig zugelassen. «Wir sind noch mittendrin.»
100 Prozent
Mittendrin zu sein, mit ganzer Kraft alles zu geben, sind für Markus Kunz wichtige Voraussetzungen, um etwas richtig zu machen. Es war dieser hohe Anspruch an sich selbst, der ihn vor einigen Jahren dazu bewog, sein politisches Amt als Grossrat niederzulegen. «Unser Betrieb ist immer mehr gewachsen. Um daneben alle Grossrats-Dossiers genau zu studieren, dafür fehlte mir zunehmend die Zeit. Wenn ich etwas mache, dann immer 100 Prozent.» Das gilt für ihn auch in Bezug auf sein langjähriges Wirken im Vorstand des aargauischen und schweizerischen Confiseur-Meisterverband als Meisterprüfungs Experte, und Vorstandsmitglied des Aargauischen Gewerbeverbandes. Rund ein Jahrzehnt lang präsidierte er zudem das Gewerbe Regio Frick. «Unabhängig von der Branche ist es wichtig, dass für das Gewerbe gute Rahmenbedingungen geschaffen werden.» KMUs würden oft als das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft bezeichnet. Und dieses Rückgrat gelte es zu stärken, ist Kunz überzeugt.
Wenn er nun auch die Geschicke der Kunz AG in jüngere Hände übergibt, heisst das noch lange nicht, dass Markus Kunz seine eigenen Hände stillhält. Er wird sich weiterhin seiner grossen Leidenschaft, der Herstellung von Konfitüren, widmen. Nicht in Frick, sondern in Herznach in einem Laden neben der Gnossi. «Für mich ist es eine gute Situation. So kann ich mein Hobby pflegen und gleichzeitig auch meinem Beruf in kleinerem Rahmen treu bleiben.» Am bisherigen Konfitüren-Herstellungs-Ort vis-à-vis des Café Kunz in Frick zu bleiben, kam für ihn nicht infrage. «Ich war hier 33 Jahre lang der Chef. Drehund Angelpunkt für die Mitarbeiter. Es wäre dem neuen Besitzer gegenüber nicht fair, wenn ich hierbleiben würde.»
In seinem Konfi-Lädeli in Herznach wird Markus Kunz ab Frühjahr 2020 an drei bis vier Tagen pro Woche anzutreffen sein. Schon heute kann er mit seinen Konfitüren 15 grosse Hotels, verschiedene Confiserien und Detailhändler beliefern. Das möchte er noch ausbauen. «Es wäre schön, wenn ich bald jemand finden würde, der sich für dieses Handwerk begeistern und es später in meinem Sinne weiterführen könnte», ist Kunz schon wieder am Pläne schmieden. Und dann wären da auch noch Hobbys wie Lesen, in die Berge fahren, Sport mit dem Hund und vieles mehr, die in der neuen Freizeit von Markus Kunz Platz finden wollen. «Nein, langweilig wird mir bestimmt nicht.» Er sagt es und sticht weiter Zimtherz um Zimtherz aus.