Fricktalerin kämpft für die Schulpflegen

  26.04.2019 Aargau, Zeihen

Weiterentwickeln statt abschaffen

Colette Basler aus Zeihen ist Vizepräsidentin beim Verband Aargauischer Schulpflegepräsidentinnen und -präsidenten (VASP). Dieser will die Bevölkerung künftig besser über die Nachteile der vom Regierungsrat geplanten Abschaffung der Schulpflegen informieren.

Susanne Hörth

Der Regierungsrat will die Führungsstrukturen der Aargauer Volksschule neu organisieren. Das sieht unter anderem die Abschaffung der Schulpflegen auf 2022 vor. Die Schule wäre dann direkt dem Gemeinderat unterstellt. Gleichzeitig sollen die Pensen der Schulleitungen um durchschnittlich 10 Prozent erhöht werden. «Die nun geplante Erhöhung der Schulleitungspensen hat mit der Abschaffung der Schulpflegen nichts zu tun. Es handelt sich hier um zwei verschiedene Geschäfte, welche in der Vorlage vermischt werden», sagt Colette Basler. Die SP-Grossrätin ist Schulpflegepräsidentin in Zeihen und hat im Verband Aargauischer Schulpflegepräsidenten (VASP) das Amt der Vizepräsidentin inne.

Bei einer effektiven Abschaffung der Schulpflegen müssten die Pensen der Schulleitungen um mindestens 20 bis 25 Prozent erhöht werden, ist Colette Basler überzeugt. «Es gibt rund 60 Gemeinden im Kanton Aargau, welche keine Erhöhung haben werden, obwohl auch ihre Schulleitungen Überstunden machen.» Neben der operativen Führung der Schule sollen die Schulleitungen nun zusätzlich noch komplexe, politische Aufgaben wahrnehmen. «Viele Schulleitungen verfügen über keine Erfahrung im politischen Meccano und wohnen zunehmend auch nicht in der Gemeinden, deren Schulen sie leiten», gibt Basler zu bedenken.

Erhalt und Weiterentwicklung
«Der VASP ist nicht und war auch nie einfach gegen eine Abschaffung der Schulpflege, sondern er steht klar für deren Weiterentwicklung.» Bisher habe sich der Verband eher ruhig verhalten. Gleichwohl sei seine Haltung immer klar gewesen. «In der jetzigen Situation wird nun die Bevölkerung verstärkter aufgeklärt und auf einige kritische Punkte hingewiesen. Man erörtert, wieso das Projekt, so wie es angedacht ist, nur Mehrkosten und keinen Mehrwert generiert und dass die Gemeinden mit der Abschaffung der Schulpflegen keinesfalls sparen werden.»

Warum braucht es Schulpflegen und warum soll der Gemeinderat künftig neben der schon bestehenden Finanzhoheit, nicht auch noch die strategischen Schulaufgaben übernehmen? Darauf Colette Basler: «Die Schulpflege ist das Bindeglied zwischen der Schule und der Bevölkerung. Daher ja auch in der Kantonsverfassung verankert und vom Volk gewählt. Eine Abschaffung der Schulpflege käme also einem klaren Demokratieabbau gleich. So wie dies zum Beispiel bei der Abschaffung der Friedensrichter der Fall gewesen wäre und daher vom Volk auch nicht goutiert wurde.»

Die Schulpflegerin wirft mehrere Fragen auf: So etwa, ob ein Gemeinderat, der stets bestrebt sein muss, die Kosten möglichst tief zu halten, Visionen und Projekte für eine Schule entwickeln wird? Oder wird der Gemeinderat nur noch zum Schulverwalter? Kann oder will ein Gemeinderat eine so starke Lobby für die Schule sein, wie dies eine Schulpflege heute ist? Hätte eine Schulleitung, welche dann direkt vom Gemeinderat angestellt würde und somit als Direktunterstellte noch genügend Rückhalt für ausschliessliche Schulanliegen? Letztlich stellt Colette Basler auch zur Diskussion: «Warum soll es nicht auch möglich sein, den Schulpflegen im Sinne eines Globalbudgets, die Finanzhoheit der Schule zu übertragen? Schliesslich wird die Machbarkeit seit vielen Jahren von zwei Gemeinden und Schulen mit Erfolg bewiesen. Hier wurde ein Pilotversuch gemacht und seitens der Gemeinden und deren Schulen soll sich daran auch nichts ändern.»


 

 

Der Regierungsrat hat entschieden, dass die Schulen künftig pauschale Lehrpensen vom Kanton zugeteilt bekommt. Die Schulleitung kann dann diese Ressourcen in den individuellen Bedürfnissen der jeweiligen Schule einsetzen. Für die Umsetzung ab Schuljahr 2020/2021 sind die Schulpflegen verantwortlich.

NFZ: Frau Basler, was genau müssen nun die Schulpflegen im Zuge der Neuressourcierung machen?
Colette Basler:
In gegenseitigem Dialog legen die Schulpflegen, nach Rücksprache mit den Schulleitungen, die entsprechende Strategie der Schule fest. Sie sind dafür besorgt, dass die Rahmenbedingungen (Infrastruktur, Ausrichtung der Schule, Arbeitsplatzgestaltung, Gesundheitsförderung, usw.) zur Verfügung stehen und dass die Schülerinnen und Schüler so gut wie möglich gefördert werden. Sie müssen dafür besorgt sein, wie dies an der letzten Medienkonferenz durch den Departementsvorsteher BKS klar kommuniziert wurde, dass der Ressourcenpool, den die Schule zugeteilt bekommt, zielgerichtet eingesetzt wird. Geht es dabei doch auch um die Pensenverteilung bei den Lehrpersonen.

Es heisst, mit der Ressourcierung werde der Handlungsspielraum der Schulen vergrössert. Was ist darunter zu verstehen?
Die Schulen erhalten einen Pool von Lektionen, welcher sich nach der Anzahl Schülerinnen und Schüler einer Schule richtet und dann schulintern, also selbstständig, verteilt wird. Die Lektionen wie auch die Zusatzangebote Logopädie, Heilpädagogik, DaZ, usw. werden nicht mehr wie bis anhin fix vom BKS zugeteilt. Dadurch erhöht sich der Handlungsspielraum einer Schule. Dieser kann zum Teil sogar grösser werden, wenn eine Schule zum Beispiel mehr Ressourcen kriegt. Weiter kann die Schulführung (Schulleitung und Schulpflege) künftig selber entscheiden, ob sie beispielsweise überzählige Lektionen für einen Halbklassenunterricht, einen zusätzlichen Tastaturschreibkurs oder Freifächer einsetzen möchte. Es gilt aber zu bedenken, dass nur gerade ein Drittel der Schulen mehr Ressourcen erhalten werden. Ein Drittel erhält in etwa gleich viel wie heute und ein Drittel wird Ressourcen verlieren.

Mit einem grösseren Gestaltungsraum und mehr Verantwortung nehmen die Aufgaben der Schulleitungen zu. Wo stehen die Schulpflegen?
Die Schulführung, bestehend aus Schulpflege und Schulleitung, zeichnet für eine Schule verantwortlich. In Zusammenarbeit mit der Schulleitung hat die Schulpflege über die strategische und qualitative Ausrichtung der Schule zu entscheiden.

Nun will der Regierungsrat ja die Führungsstrukturen an der Aargauer Volksschule neu organisieren. Hierzu gehört auch die Abschaffung der Schulpflegen auf das Jahr 2022. Um die Aufgaben rund um die Schule ohne Schulpflegen wahrnehmen zu können, gibt der Regierungsrat die Empfehlung ab, Schulkommissionen einzusetzen. Macht das Sinn?
Eine Schulkommission macht letztlich nicht viel anderes als eine Schulpflege. Sie berät den Gemeinderat und hilft ihm bei seiner Entscheidungsfindung. Doch über die Zusammensetzung hätte das Volk nichts mehr zu sagen. Die Kommissionszusammensetzung würde durch den Gemeinderat bestimmt und sie hätte keine Legitimation mehr, das Volk direkt zu informieren oder über Schulthemen der Gemeinde direkt anzusprechen. Ein klarer Grund mehr, sich ernsthaft zu fragen, ob es nicht sinnvoller ist, die SPF beizubehalten und diese weiter zu entwickeln.

Was spricht weiter gegen eine Schulkommission?
Wie heute bei den Schulpflegen braucht es Menschen, die sich für dieses Amt zur Verfügung stellen. Sie müssen entschädigt werden. Weiter wird auch der Gemeinderat die zusätzliche Arbeit entschädigt haben wollen. Dazu kämen die zusätzlichen Aufwendungen für die Schulleitungen. In Anbetracht dieser Faktoren, würde also die Abschaffung der Schulpflege mit Sicherheit höhere Kosten, als die Besoldung der Schulpflege heute verursachen. Also nochmals klar; Mehrkosten ohne Mehrwert!

Der Regierungsrat sagt, mit der Neuorganisation der Schulführung können Hierarchiestufen abgebaut werden. Reden denn heute zu viele mit und verhindern damit einen guten, effizienten Schulbetrieb?
Das kann so nicht bestätigt werden. Es würde wohl eine Hierarchiestufe wegfallen, dafür gäbe es eine Machtkonzentration beim Gemeinderat. Einem ebenso vom Volk gewählten Milizgremium, welches ebenso unter Arbeitsüberlastung und Zeitnot leidet. Schlussendlich steht und fällt jedes Konzept mit den Personen, welche es umsetzen. Es gibt unzählige Schulen, welche mit ihren Schulpflegen beziehungsweise der Erkenntnis darüber, was eine effiziente Schulführung bedeutet, sehr effizient unterwegs sind. Es gibt einzelne Schulen, welche Schwierigkeiten bekunden. Dieser Umstand würde jedoch mit der Abschaffung der Schulpflege nicht behoben werden.

Was spricht aus Ihrer Sicht für den Erhalt und die Weiterentwicklung der Schulpflege?
Die Schulpflege ist eine volksgewählte Behörde, deren drei oder fünf Mitglieder sich explizit für Anliegen der Schule, immerhin in jeder Gemeinde der höchste Kostenfaktor, einsetzt. Im Gemeinderat wird irgendein Mitglied dieses Gremiums, welches allenfalls auch noch andere Dossiers zu bearbeiten hat, mit dem Bereich Schule zusätzlich betraut.


 


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