Wenn die Nachtkerze ihre Blüte öffnet, …

  11.08.2018 Natur, Zeiningen

Janine Tschopp

Das Bauernpaar Silvia und Klaus Senn hat heute viel gearbeitet. Abends um 22 Uhr gönnen sich die beiden einen Schlummertrunk und setzen sich in den schön angelegten Arzneipflanzengarten. In den Sommermonaten ist der Platz direkt neben der gelbleuchtenden Pflanze, der Nachtkerze, ihr Lieblingsort. Sie setzen sich auf die Gartenplatte und warten, bis das passiert, was zwischen Juli und September jeden Abend um diese Zeit passiert. Und es wird auch heute wieder passieren. «Täk». Begleitet von einem leisen Geräusch öffnet die Nachtkerze ihre Blüte. Ein paar Sekunden später präsentiert sie sich vollkommen geöffnet und versprüht einen süssen Duft. Durch den Duft angelockt kommt der Nachtfalter angeflogen, holt Nektar und pudert sich mit dem Pollen der Staubgefässe ein. Silvia und Klaus Senn sind auch an diesem Abend fasziniert von dem Spektakel, das die Natur ihnen bietet. Am Abend in ihrem Garten zu sein, ihre Pflanzen und die Insekten zu beobachten und die Düfte zu geniessen ist für sie ideal um abzuschalten.

Die Nachtkerze macht Silvia Senn auch Freude in der Küche. Sie erklärt, dass sie ihren Gästen die Blüten gerne als essbare Dekoration oder zusammen mit Frischkäse als Zwischengang serviert.

130 Arznei- und Giftpflanzenarten
Silvia Senn, die heute zusammen mit ihrem Mann Klaus in Zeiningen einen Bauernbetrieb führt, lernte ursprünglich medizinisch biologische Laborantin. «Eine Firma, die in Witterswil Pflanzen mit definierten Inhaltsstoffen für die Phytotherapie anlegte, zog in die Ostschweiz und verkaufte das ganze Areal», erklärt Silvia Senn. So sei die Idee entstanden, den Arzneipflanzengarten im Jurapark anzusiedeln. Für die Landwirte aus Zeiningen war 2009 der richtige Zeitpunkt, da sie damals mit der Milchwirtschaft aufhörten und mit dem Arzneipflanzengarten Gelegenheit hatten, ein neues Standbein aufzubauen. So wurden einige Pflanzen von Witterswil nach Zeiningen gebracht und weitere wurden in Senns Garten angepflanzt. Als Teilprojekt «Landschaftsmedizin» im Jurapark Aargau wurde Silvia Senn bei der Einrichtung des Gartens finanziell unterstützt. Offiziell eingeweiht wurde der Arzneipflanzengarten, bei welchem 130 Arzneipflanzen nach Indikation angelegt sind, im Jahr 2010. Als sie den Zuschlag für den Arzneipflanzengarten erhielt, besuchte Silvia Senn ein Heilpflanzenseminar in Winterthur. Seither bildet sie sich regelmässig weiter, um ihr Wissen über Wirkstoffe und Anwendungen der Arzneipflanzen zu vertiefen.

Der Garten fungiert als Schaugarten. Silvia Senn organisiert Führungen, in welchen sie den Besuchern die verschiedenen Eigenschaften der Arzneipflanzen aufzeigt und ihnen erklärt, welche sie selber verwerten können und welche in die Hände von Fachpersonen gehören. Sie möchte die Leute sensibilisieren, dass bei einem Ungleichgewicht im Körper auch pflanzliche Stoffe helfen können. Viele der Pflanzen in Senns Garten werden derzeit noch immer wissenschaftlich untersucht.

Faszination der Pflanzen näher bringen
Ein Ziel von Silvia Senn ist, den Menschen die Faszination der Biologie näher zu bringen. «Der Auftrag jeder Pflanze ist, ihre Art zu erhalten. Und jedes Sämchen gibt sich Mühe», sagt sie. Sie bedauert, dass es heute viele Menschen gibt, die keinen Garten mehr haben und sich für die Natur nur wenig interessieren. Sie selber sieht die handwerkliche Arbeit im Garten als Musse. «Die Berührung des Bodens erdet einen und schafft im Körper einen Ausgleich», ist Silvia Senn überzeugt.


Silvia Senn organisiert im Arzneipflanzengarten in Zeiningen Veranstaltungen zu verschiedenen Themenbereichen. Sie bietet auch individuelle Führungen an. Informationen unter www.arzneipflanzengarten.ch


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