Aufstieg und Fall von Maloya

  16.08.2018 Nordwestschweiz, Kultur, Gewerbe, Kommende Events

Eine Ausstellung erinnert an das Unternehmen

Vor 25 Jahren hat die Pneufabrik Maloya in Gelterkinden ihre Tore geschlossen. Bevor die Erinnerung an einen der wichtigsten Arbeitgeber der Region verblasst, halten ehemalige Mitarbeiter die bewegte Geschichte in einer Ausstellung fest.

Yvonne Zollinger

Was für Isaac Newton der Apfel, ist für Fritz Maurer ein rostiger Nagel gewesen. Der eine ist auf die Geheimnisse der Gravitation gestossen, der andere auf die Geschäftsidee seines Lebens. Der Nagel, so erzählt es die Firmengeschichte der Gelterkinder Maloya, bohrte sich in den Velopneu des zukünftigen Unternehmers. Und dieser beschloss, bessere Reifen zu produzieren. Das war 1936, als die Schweiz tief in der Rezession steckte. Acht Leute standen bei der Gründung im Lohn von Fritz Maurer. 400 sollten es werden.

«Wie bedeutend die Maloya war und welche Rolle sie als Arbeitgeber in der Region spielte, weiss die jüngere Generation kaum noch», sagt Remo Bossert, Initiant der Maloya-Ausstellung. Sie ist seit Anfang August im Gelterkinder Zeughaus zu finden. «Wir möchten ein Stück Industriegeschichte in Erinnerung rufen, die noch gar nicht so alt ist und doch schon in Vergessenheit gerät.»

Für sein Projekt hat Bossert neun ehemalige Mitarbeiter und Leute, die mit der Maloya zu tun hatten, zu sich ins Boot geholt. «Es ist erstaunlich, wie viele persönliche Erinnerungen von den Maloyanern aufbewahrt wurden und nun für die Ausstellung zusammenkommen. Mehr als wir zeigen können», sagt Bossert.

In weiser Voraussicht hat er selbst vor 25 Jahren Teile aus dem Maloya-Nachlass erstanden, die heute einen Einblick in die Pneuherstellung geben. «Schon damals hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte dieses Betriebs und seine Bedeutung für Gelterkinden, nicht einfach verloren gehen darf.»

Vom Trottinett bis zum Traktor
Tatsächlich konnte das Geschäft, das bis 1976 noch «Maloja» geschrieben wurde, in seiner Zeit mit einigen Superlativen aufwarten. So schrieb der «Blick» 1965: «Für alle 850 000 Velos in der Schweiz werden die Pneus nur noch an einem einzigen Ort hergestellt: im kleinen Baselbieter Dorf Gelterkinden, im ‹Maloja›- Gummiwerk.» Und Anfang der 1970er-Jahre verkündete die Maloya selbst: «Für alles, was in der Schweiz Räder hat, stellt die Maloya Reifen her. Vom Kinderwagen (Visa-Gloria) und Trottinett über Personen- und Lastwagen bis zu Traktoren und Armeefahrzeugen.»

Der Familienbetrieb war kontinuierlich gewachsen und zählte in den 70er- und 80er-Jahren 400 Angestellte. Auch Heimarbeit konnte vergeben werden. So profitierte die ganze Region. Niemand liess sich träumen, dass aus dem Höhenflug ein Absturz werden könnte.

In ihrer Jubiläums-Chronik zum 50-jährigen Bestehen im Jahr 1986 schreibt die Besitzerfamilie Maurer selbstbewusst: «So wie es heute aussieht, wird die Branche auch in Zukunft wachsen. Und Maloya, die bis heute über 7 Millionen PW-Pneus hergestellt hat, wird mitwachsen.» Sieben Jahre später gab es die Maloya nicht mehr. So erlitt die Gummifabrik schliesslich das gleiche Schicksal wie 15 Jahre zuvor das Firestone-Werk in Pratteln. Beide wurden letztlich geschlossen, weil die Produktion von Massenware mit dem teuren Franken, dem hohen Lohnniveau in der Schweiz sowie den weltweiten Überkapazitäten und somit dem entsprechenden Preiskampf nicht mehr rentabel war.

«Wir sind die letzte Generation, die noch bei der Maloya gearbeitet hat», sagt Bossert. Für ihn und das Aussteller-Team ist es eine Herzensangelegenheit, dem alten Arbeitgeber die Referenz zu erweisen. Und für die Besucher der Ausstellung ein interessanter Blick in die Gelterkinder Industriegeschichte.


Maloya-Ausstellung, bis 2. September, jeweils von Freitag bis Sonntag, im Zeughaus an der Rünenbergstrasse in Gelterkinden


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