Die Steinkrebse in Mettau wecken das Interesse der Wissenschaft

  23.06.2018 Mettau

Dieter Deiss

Vor rund zehn Jahren ist hier eine Steinkrebszucht entstanden. Ein paar Naturbegeisterte wollten damit den stark gefährdeten Steinkrebs vor dem Aussterben bewahren. Längst ist aus der Hobbyzucht ein Werk entstanden, das schweizweit und darüber hinaus unter Fachleuten grosse Beachtung findet. Zahlreiche nationale und internationale Wissenschafter und Fachgruppen besuchen die Zuchtstation regelmässig.

Die IG Steinkrebse
Unten beim Mühleweiher treffen wir vier Mitglieder der IG Steinkrebse Mettauertal: Das sind Ueli Irmiger und dessen Tochter Karin. Ihnen gehört das gesamte Areal rings um den Mühleweiher. Als Berater und Fachspezialist steht im Auftrag des Kantons Peter Jean-Richard der IG zur Seite. Vor rund dreissig Jahren hat er die Steinkrebse im Etzgerbach entdeckt. Als Vater der Krebszucht darf zweifellos der in Wil wohnhafte Urs Leber bezeichnet werden. Unermüdlich und mit grossem Fachwissen betreut er «seine Kinder». Nicht anwesend heute ist das fünfte IG-Mitglied Thomas Stucki, Leiter der Sektion Jagd und Fischerei beim Kanton Aargau.

Das ganze Projekt wird vom Kanton unterstützt. Peter Jean-Richard weist aber auf die Bedeutung der Leute vor Ort hin. Da sind zum einen Karin und Ueli Irmiger, auf deren Grundstück die Zuchtanlage steht. Ohne deren Einverständnis und konstruktive Zusammenarbeit wäre das ganze Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Als Vermittler und Bindeglied zum Tal amtet Urs Leber. Er ist Mitglied im örtlichen Naturschutzverein, aber als Fischpächter im Etzgerbach auch Mitglied der Fischerzunft Laufenburg. «Es ist wichtig, dass die einheimische Bevölkerung ein solches Projekt mitträgt», betont Jean-Richard. Die Leute müssen das Gefühl haben, dass dies ihre Krebse sind, zu denen man Sorge tragen muss.

Erste Zuchtversuche
Urs Leber berichtet, dass er schon als kleiner Junge von den Krebsen fasziniert gewesen sei. Als Fischpächter und Naturschützer habe er sich stets intensiv mit dem Leben im und um das Wasser befasst. Als er 2010 mit Zuchtversuchen startete, hatte er kaum Erfahrung. Die Zuchttiere entnahm er mit Bewilligung des Kantons dem Bach. Zunächst gab er zur Paarungszeit jedem Weibchen ein Männchen. Kein Erfolg! Danach teilte er einem Weibchen zehn Männchen zu, auch dies erfolglos. Erst das Verhältnis ein Weibchen mit vier Männchen brachte den erwünschten Nachwuchs. «Es macht Spass, an einem solchen Projekt zu arbeiten und Neues zu entdecken», erzählt der Krebsenvater. In den Jahren 2012 bis 2015 wurden im Sulzer «Chräbsebächli» erstmals kleine Steinkrebslein ausgesetzt. Der Erfolg der Besatzung eines Gewässers ist dann ausgewiesen, wenn eine Generation vorhanden ist, die nachweislich nicht ausgesetzt worden war. «2015 konnten wir dies in Sulz feststellen. Für mich war dies ein unglaublich freudiges Ereignis», erzählt Urs Leber. Schon läuft dasselbe Experiment im Galterbach, wo in den Jahren 2016 bis 2018 junge Krebslein eingesetzt wurden oder im Laufe dieses Jahres noch eingesetzt werden.

Modernisierung der Anlagen
Soeben wurde nun beim Mühleweiher die modernisierte Anlage fertiggestellt. Zur Verfügung steht ein kleiner Container, wo die wichtigsten Geräte eingelagert werden können. Eine Pumpe sorgt in den Zuchtgehegen für eine regemässige Belüftung. Sensoren messen die Wassertemperaturen des Zuflusses, des Teichs und der Boxen. Steinkrebse sind sehr temperaturempfindlich.

Im Herbst holt Urs Leber aus dem Bach die benötigte Anzahl weiblicher und männlicher Steinkrebse. Nach der Befruchtung werden die Männchen wieder in den Bach ausgesetzt und die Weibchen befruchten die Eier mit einem von den Männchen abgelegten Samenpaket. Die Weibchen tragen die Eier an ihrem Schwanz bis Ende Mai, anfangs Juni schlüpfen die Jungen. Jetzt werden auch die Weibchen dem Bach zurückgegeben, damit diese nicht ihre eigene Brut auffressen. Jährlich rechnet Leber mit rund 100 bis 200 Jungtieren, die dann zum Besatz in anderen Bächen zur Verfügung stehen.

Da die gesamte Anlage auf einem Privatgrundstück angesiedelt ist, darf sie nicht einfach betreten werden. Zudem hält Karin Irmiger dort auf der Weide freilaufende Pferde. Auf Anmeldung hin ist Urs Leber gerne zu Führungen, Exkursionen oder Vorträgen bereit (urs.leber@bluewin.ch , Telefon 079 464 55 81).


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