Das Suchtpotential ist sehr hoch
15.04.2018 HornussenFusswallfahrt von Hornussen nach Todtmoos
Die Fusswallfahrt von Hornussen nach Todtmoos findet traditionell am Montag vor Pfingsten statt. Das ist in diesem Jahr am 14. Mai. Das Datum ist bei vielen Pilgern schon lange in der Agenda notiert. Die NFZ ist der Frage nachgegangen, warum so viele Menschen vom Fusswallfahrt-Virus befallen sind.
Bernadette Zaniolo
Schon bald ist es wieder soweit. Die Stimmung morgens kurz vor 5 Uhr in der Kirche von Hornussen ist fast ein bisschen mystisch; ein schönes, unbeschreibliches Gefühl. Ein Wiedersehen langjähriger Teilnehmer. Die Freude darüber, dass er oder sie auch wieder dabei ist. Aber auch, dass wieder das eine oder andere neue Gesicht darunter ist. Dann die Ruhe und die Stille zur inneren Einkehr. Der Gottesdienst und der Segen für die Pilgerschar machen jeweils den Auftakt zur Fusswallfahrt. Von Hornussen ins 40 Kilometer entfernte Todtmoos (Schwarzwald/Deutschland). Im letzten Jahr nahmen 166 Pilger teil; 66 Personen marschierten ab Hornussen, darunter auch die Schreibende. Weitere Leute stossen jeweils ab badisch Laufenburg dazu. 98 Personen bewältigten 2017 auch den Rückweg am Dienstag zu Fuss; 24 sogar bis nach Hornussen. Rund 80 Kilometer Fussmarsch in zwei Tagen, gepaart mit Beten und Schweigen. Ein Erlebnis mit Suchtpotential; konfessionsneutral und ohne strenge Frömmigkeit.
«Das Glockengeläute berührt»
«Das Glockengeläute kurz vor der Ankunft in Todtmoos berührt. Es ist ein wunderschönes Erlebnis», beschreibt Pia Probst ihre Emotionen. Die 67-jährige Zeiherin läuft extrem gerne. «Ich wollte es einfach mal erleben», sagt sie zur NFZ. Besonders gefällt ihr jeweils die Strecke von der Hornusser Rainhalde hinunter nach Ittenthal und Kaisten. Das «in den Morgen Laufen». Vier Mal war sie schon dabei; wohl auch dieses Mal.
Ein Empfang, der berührt
Anni Amsler aus Schupfart hat «sicher schon zehn Mal» teilgenommen, wie sie sagt. Auch sie schwärmt von dem herzlichen Empfang, welcher den Pilgern jeweils bei der Ankunft in Todtmoos bereitet wird. «Am Anfang hatte ich Mühe, den Rosenkranz zu beten und gleichzeitig zu laufen», verrät die 70-Jährige. Noch schöner als Beten findet sie den Schweigemarsch. Auch sie empfindet die Strecke von der Rainhalde hinunter als «etwas vom Schönsten» der Fusswallfahrt nach Todtmoos. Für sie ist das Laufen in der Gemeinschaft, der Gruppe etwas sehr Schönes. Noch nie sei sie jedoch am zweiten Tag wieder bis nach Hornussen, sondern «nur» bis nach Laufenburg zurück gelaufen.
Der Trompetenspieler
Und beim Weitererzählen von Anni Amsler fährt es der Schreibenden plötzlich eiskalt den Rücken hinunter. «Der liebe Gott geht durch den Wald»; dieses schöne Lied habe Viktor Stocker einmal auf offenem Feld, ganz spontan gespielt. Auch 2017 erfreute der Obermumpfer die Pilgerschar mit seinem Trompetenspiel. Dieses löste bei der Redaktorin vor einem Jahr ein Gefühl der Dankbarkeit aus. Dankbar für ein erreichtes Ziel und das unbeschreiblich schöne Gefühl diese Fusswallfahrt erlebt zu haben. Dankbar auch für die gute Gesellschaft, in der man spürt, dass jeder Teilnehmer «mitgetragen» wird. Für Barbara, deren Nachnamen ich nicht kenne, ist die Fusswallfahrt was für andere Yoga ist; ihre Art von Meditation.
«Die Fusswallfahrt nach Todtmoos hat Disziplin und ist gut organisiert»
Einer, der sogar eine weite Anreise in Kauf nimmt ist Julius Schnider aus Affoltern am Albis. Markus Schmid, der Sakristan von Hornussen und Olivia Boutellier, Sakristanin in Gansingen haben ihm von dieser Wallfahrt erzählt. «2016 und 2017 war ich nach Todtmoos gelaufen und am folgenden Tag alles wieder bis Hornussen zurück», sagt der 68-jährige ehemalige Druckereisachbearbeiter voller Freude. Und er ergänzt: «Dieses Jahr werde ich wieder gehen. Diese Tradition spricht mich an. Beten und Laufen tue ich gerne. Also was soll mich hindern?» Das bewusste Beten, Laufen und In-Sich-Gehen löst bei ihm grösste Bewunderung und Hochachtung aus. «Die Fusswallfahrt nach Todtmoos hat Disziplin und ist gut organisiert», sagt der zweifache Familienvater, der in Giswil im Kanton Obwalden aufgewachsen ist.
14. Mai, 5 Uhr: Pilgermesse in der Kirche Hornussen, 6.15 Uhr: Abmarsch ab Rainhalde; 8.30 Uhr Besammlung und Weitermarsch beim Parkplatz Waldfriedhof Laufenburg (D); 20 Uhr: Maiandacht in Todtmoos. 15. Mai, 7 Uhr: Heilige Messe in Todtmoos; 9.30 Uhr: Besammlung bei der Kirche zum Rückmarsch. Anmeldung für Unterkunft bis spätestens 4. Mai unter Telefon 062 871 37 49 oder E-Mail: pilgerl.todtmoos@bluewin.ch.
Die Fusswallfahrt
Die Fusswallfahrt von Hornussen ins 40 Kilometer entfernte Todtmoos findet dieses Jahr am 14. Mai statt. Den Auftakt macht traditionell der Gottesdienst um 5 Uhr morgens in der Kirche von Hornussen. Nach dem freiwilligen gemeinsamen Frühstück geht es um 6.15 Uhr pünktlich oberhalb von Hornussen (ab der Rainhalde) los. Auf dem Parkplatz beim Waldfriedhof in badisch Laufenburg stossen nach 8 Uhr weitere Pilger dazu. Eine Anmeldung ist nicht nötig, ausser man benötigt ein Zimmer für die Übernachtung. Die Reservation nimmt der Pilgerleiter, Karl (Charly) Herzog gerne entgegen.
Am Dienstag, nach dem Frühstück und der Messe, wird die Rückreise angetreten; für die meisten Pilger heisst das: nochmals 30 oder 40 Kilometer zu Fuss. (bz)
Von der Neugier angetrieben
Ein grosser Teil der Pilgerschar von Hornussen nach Todtmoos besteht aus langjährigen Teilnehmern. Mit 90 Jahren war Willi Schilling im 2017 der älteste Teilnehmer. Für den ehemaligen Pilgerleiter (während 37 Jahren) war es die 66. Teilnahme. Die jüngsten Teilnehmer waren 12 und 14 Jahre alt. Gemäss Charly Herzog hat diesmal ein Mann aus dem Nordschwarzwald Interesse an der Teilnahme bekundet. Seine Fragen waren, ob er den Rosenkranz mitbeten muss (er gehört dem evangelischen Glauben an), wie das Höhenprofil der Strecke ist und wie viele Menschen mitgehen. Schon seit rund 60 Jahren dabei ist der ehemalige Hornusser Moritz Frei, welcher jeweils vorne geht; als Führer, der das Marschtempo bestimmt. (bz)