Damit das Gemeinderatsamt sexy bleibt

  11.01.2017 Frick, Unteres Fricktal, Gemeinden, Nordwestschweiz, Politik

von Susanne Hörth

«Woher kommt der Begriff Miliz?» Eine kurze Erklärung dazu gab Christian Fricker, Präsident des Fricktal Regio Planungsverbands, bei seiner Begrüssung am Mittwochmorgen im Fricker Rampartsaal. «Miliz bedeutet so viel wie Soldat oder Krieger.» Es bedeute aber auch Begleiter oder Begleiterin. Üblich ist der Begriff vor allem in der Schweiz. Er definiert insbesondere das nebenberufliche Wahrnehmen von öffentlichen Aufgaben. Und es heisst auch, zivile und öffentliche Aufgaben in einer Person zu verbinden. «Das kennen wir hier ja alle bestens», lachte Fricker, auch Vizeammann in Frick. So hätten sich ja auch alle für das Gemeindeseminar die Zeit irgendwie «frei schaufeln» müssen.

«Das Milizsystem ist wirklich etwas typisch Schweizerisches», erklärte der erste Referent Reto Steiner vom Schweizerischen Institut für öffentliches Management, Dozent an verschiedenen Hochschulen. Das Milizsystem sei ein einzigartiges Konzept. Ein Konzept, das grossen Herausforderungen gewachsen sein müsse. Grundsätzlich gehe es den Schweizer Gemeinden – es sind zurzeit 2255 in 26 Kantonen – gut. Weil die Aufgaben vielfältiger, komplexer geworden sind, geraten Kommunen aber zunehmend unter Druck. «Jede zweite Gemeinde hat Mühe, vakante Ämter zu besetzen », so der Redner.

Steiner hatte zwar keine Lösung parat, Empfehlungen hingegen schon. So sollte sich die Rolle des Gemeinderats weg vom Ehrenamt und Verwaltungsangestellten hin zum Moderator und Problemlöser hin wandeln. Ein attraktives Profil sollte Basis für die Rekrutierung neuer Behördenmitglieder sein. Der Fokus sollte zudem auf eine professionelle Verwaltung gelegt werden. Und auch bei der zurzeit oft sehr tiefen Entlöhnung der Exekutivmitglieder müsse eine Anpassung nach oben hin passieren. Ein Behördenamt sei nämlich ja wirklich auch ein «sexy Amt», so Steiner. Deshalb lohne es sich, die Strukturen anzupassen.

 

Männlich, selbstständig und Mittelalter

Während Steiner das Milizsystem mehr aus gesamtschweizerischer Sicht beleuchtete, legte Yvonne Reichlin-Zobrist, Leiterin Gemeindeabteilung, den Fokus mehrheitlich auf den Kanton Aargau. Der «Durchschnittsgemeinderat» präsentiere sich zurzeit mehrheitlich männlich, ist zwischen 50 bis 59 Jahre alt, parteilos und (betrifft vor allem Gemeindeammänner) hat eine Kaderposition inne oder ist selbstständig erwerbend. Die Entschädigung für Gemeinderäte liegt im Aargau zwischen 7000 bis 35 000 Franken.

«Die Fluktuationsrate von Gemeinderäten während der Amtsperiode beträgt durchschnittlich 20 Prozent», so die Leiterin der Gemeindeabteilungen. Dabei zeige es sich, dass bei kleineren Gemeinden mit bis 1500 Einwohnern diese Fluktuation mit 33 Prozent am grössten ist. Bei Gemeinden mit über 7000 Einwohnern hören während der Amtsperiode 16 Prozent der Behördenmitglieder auf.

Auch Reichlin zeigte wie ihr Vorredner Handlungsfelder zur Unterstützung des kommunalen Milizsystems auf. So etwa durch die Organisation der Gemeindeverwaltung (der Kanton hat einen Leitfaden für Verwaltungsmodelle erarbeitet). Eine Anpassung der Entschädigungen sei ebenfalls wichtig. Als sehr wichtig ordnete Reichlin aber auch die Aus- und Weiterbildung der Gemeinderäte ein. «Damit verliert der Gemeinderat auch das Image des Filzclubs.» Und auch die Rekrutierung neuer Räte müsse gut vorbereitet angegangen werden.

Braucht es weitere Massnahmen? Hierzu formulierte Reichlin keine bereits gemachten Ideen, sondern lediglich einige Gedanken. Beispielsweise die Verkleinerung auf mindestens drei Gemeinderäte. Oder die Aufweichung der Wohnsitzpflicht. Bei letzterem müssten sicher der Gemeindeammann sowie zwei oder drei Ratsmitglieder ortsansässig sein. Abschliessend betonte die Referentin vom Kanton aber auch: «Das Milizsystem im Aargau ist trotz allem in einem guten Zustand.» Ein Versammlungsteilnehmer merkte noch an, dass für die Rekrutierung neuer Räte auch die Harmonie im bestehenden Gremium ausschlaggebend sei.


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