Den Menschen im Fokus
08.10.2015 Porträt, Unteres Fricktal, RheinfeldenValentin Zumsteg
Rheinfelden. «Wenn etwas läuft, dann wird es mit der Zeit langweilig», erklärt Markus Raub. Der 48-Jährige hat in seinem Leben schon viele verschiedene Dinge gemacht. Zehn Jahre lang führte der gelernte Automechaniker, der in Münchenstein aufgewachsen ist, eine eigene Garage in Basel. «Die lief gut. Doch ich wollte etwas Neues ausprobieren.» Also verkaufte er seinen Betrieb und nahm sich eine Auszeit von drei Monaten, um herauszufinden, was er künftig tun könnte.
«Die ersten Filme waren katastrophal»
Damals war er 33 Jahre alt und bereits zweifacher Vater. «Ich dachte, Informatik wäre etwas für mich. Als Quereinsteiger fand ich einen Job bei der Brauerei Feldschlösschen in Rheinfelden.» Dort arbeitet er heute noch im Informatik-Support. Aber nicht nur: Er ist auch zum Hausfotografen- und -filmer beim Getränkeunternehmen avanciert.
«Das Filmen war immer ein Hobby von mir. Die ersten Filme habe ich in jungen Jahren gedreht, sie waren katastrophal. Ich hab sie erst kürzlich wieder geschaut. Doch ich habe mich immer weiterentwickelt.» 2008 war er an der Produktion von «Welthund», des ersten Oberbaselbieter Kinofilms, beteiligt. «Das hat richtig Spass gemacht», blickt Raub zurück. Vor einem Jahr gründete er seine eigene Firma für Film- und Fotoarbeiten. In einer Gewerbeliegenschaft am Theodorshofweg hat er das Studio eingerichtet. Die eigene Wohnung liegt nur wenige Meter davon entfernt.
Sein Pensum bei Feldschlösschen hat er auf 60 Prozent reduziert. «Beim Filmen und Fotografieren kann ich Ideen entwickeln und umsetzen. Mir gefällt die Zusammenarbeit mit anderen Menschen. Die technischen Details finde ich weniger spannend.»
Er ist zuversichtlich, dass er mit seiner eigenen Firma Erfolg haben wird. «Bis jetzt funktionierte eigentlich alles, was ich in meinem Leben ausprobiert habe. Ich hatte immer Glück, dafür bin ich dankbar. Man muss sein Glück auch sehen. Viele Leute wissen gar nicht, wie gut es ihnen geht.»
«Grosse Unruhe in Burundi»
Wie privilegiert die meisten Menschen in der Schweiz sind, erlebt er bei seiner ehrenamtlichen Arbeit in Burundi. Das Land hat er auf Reisen kennengelernt. Seit ein paar Jahren ist er Stiftungsrat bei der Stiftung «Burundi Kids Schweiz», die ein Spital in Bujumbura, der Hauptstadt des ostafrikanischen Landes, betreibt. Das Spital bietet 45 Betten und zählt 26 Angestellte. Es wurde 2009 erbaut und 2013 um eine Geburtsklinik mit gynäkologischer Abteilung erweitert. 2014 ist ein Kinderspital hinzugekommen.
«Burundi ist ein von der Weltöffentlichkeit fast vergessenes Land. Der zwölfjährige Bürgerkrieg, der bis 2005 dauerte, hat eine ganze Generation ausgelöscht. Rund 300 000 Menschen starben damals», so Raub. Heute ist die Situation wieder kritisch: «Das Land steht erneut am Rande eines Bürgerkrieges. Viele Leute flüchten. Auch Ärzte und Pfleger unseres Spitals sind in die Nachbarländer geflohen. Das macht die Arbeit schwierig.» Burundi grenzt an Ruanda, Tansania und die Demokratische Republik Kongo. Im Mai scheiterten Teile der Armee mit einem Putsch gegen den Präsidenten. Dieser liess sich im Juli für eine dritte Amtsperiode wählen, obwohl die Verfassung nur zwei Amtszeiten zulässt. «Das sorgt im Land für grosse Unruhe. Es ist traurig, denn Burundi ist ein sehr schönes Land. Vor allem die Kinder sind mir ans Herz gewachsen, für sie will ich mich einsetzen», so Raub.
«Eine Herzensangelegenheit»
Er organisiert für die Stiftung Standaktionen, sammelt Spenden und dreht Filme. Einmal pro Jahr reist er zusammen mit seiner Frau ins Land. «Das ist eine Herzensangelegenheit. Uns geht es in der Schweiz sehr gut. Ich möchte etwas zurückgeben. Wenn ich die Situationen von einigen Menschen verbessern kann, die es deutlich schwerer haben als wir, dann freut mich das. Dann habe ich nicht umsonst gelebt.»
Die aktuelle Flüchtlingssituation beschäftigt den Filmer, dessen Eltern in den 1950er Jahren von Deutschland in die Schweiz gezogen sind. Zusammen mit Studenten der Filmhochschule Zürich möchte er einen Film realisieren, in dem Flüchtlinge über ihr Leben erzählen. «Wir wollen zeigen, dass es sich um ganz normale Menschen handelt; Leute wie du und ich. Ich glaube, viele Schweizer würden auch flüchten, wenn die Situation hier so schwierig wie in Syrien oder Burundi wäre.»