«Eine Energiebank, bei der Strom angelegt und abgehoben werden kann»

  16.11.2024 Fricktal

Marcel Aumer, CEO von FlexBase, mit Bezug auf den neuartigen Batteriespeicher

Seit der öffentlichen Ankündigung der FlexBase Group im April, auf dem Areal der ehemaligen Swissgrid in Laufenburg ein Technologiezentrum zu bauen, ist einiges gegangen. Im FlexBase-Gebäude nehmen immer mehr Mitarbeitende ihre Arbeit auf. Profile draussen zeugen vom grossen Bauvorhaben.

Susanne Hörth

NFZ:Herr Aumer, die Ankündigung des milliardenschweren Vorhabens löste Erwartungen aber auch Ungläubigkeitaus. Gab es neben den vielen positiven Stimmen auch kritische Fragen zu Ihrem Projekt?
Marcel Aumer:
Ja, es ist ganz normal, dass ein Projekt dieser Grössenordnung auch kritische Stimmen hervorruft. Meist sind diese jedoch durch Missverständnisse entstanden, wie zum Beispiel, dass wir mit dem Grundwasser das Rechenzentrum kühlen – was definitiv nicht der Fall ist. Zum Glück kann man die Missverständnisse sehr gut an einer Hand abzählen. Dass das historische, ehemalige Swissgrid-Gebäude wiederbelebt und Laufenburg als Arbeitsort für Fachleute an Bedeutung gewinnt, ist von grossem, allgemeinem Interesse.

Das bringt auch die Erwartung nach vielen Informationen mit sich. Wie wichtig ist Ihnen eine offene, transparente Kommunikation?
Sie ist für uns von zentraler Bedeutung. Bei einem so grossen und komplexen Projekt wie dem Bau des weltweit grössten Redox-Flow-Batteriespeichers ist es entscheidend, alle Beteiligten – von der Gemeinde bis hin zum Bund, unseren Partnern und der breiten Öffentlichkeit – regelmässig und umfassend zu informieren. Transparenz schafft Vertrauen, und wir möchten sicherstellen, dass alle Fragen und Bedenken gehört und adressiert werden.

Man kann also stets den Dialog mit Ihnen suchen?
Selbstverständlich. Wir legen grossen Wert darauf, in einem konstruktiven Dialog zu bleiben. Wir bieten allen Interessenten, die Fragen oder kritische Anmerkungen haben, die Möglichkeit uns direkt zu kontaktieren. Wir hatten bereits mehrere Führungen im Gebäude und zudem einen grossartigen Austausch mit Personen, die in der Vergangenheit in diesem Gebäude gearbeitet haben.

Sie erfahren seitens Behörden grosse Unterstützung. Etwa mit einer sehr schnell in die Wege geleiteten Teiländerung der BNO, die im vorgesehenen Areal die bisherige Maximalbauhöhe von 20 auf 30 Meter zulassen soll. Was geht nun weiter?
Die Unterstützung der Behörden ist für uns sehr wertvoll. Vorbehaltlich der Genehmigung durch die Laufenburger Gemeindeversammlung im November, sind unsere nächsten Schritte, die detaillierte Planung abzuschliessen und die erforderlichen Genehmigungen einzuholen. Parallel dazu werden wir die technischen und logistischen Vorbereitungen vorantreiben, um sicherzustellen, dass der Bau des Batteriespeichers termingerecht beginnen kann. Ein weiteres wichtiges Ziel wird es sein, die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern und Fachkräften weiter auszubauen, um die regionale Wirtschaft zu stärken und das Projekt so nachhaltig wie möglich umzusetzen.

Sie haben bereits mehrfach betont, dass Sie namhafte Investoren an Bord haben. Können Sie uns Namen nennen?
Wir verstehen, dass das Interesse an den Investoren gross ist, jedoch müssen wir aus Gründen der Vertraulichkeit auf die Nennung spezifischer Namen verzichten. Was wir sagen können, ist, dass wir mit mehreren renommierten und erfahrenen Partnern aus der Schweiz, Deutschland und Liechtenstein zusammenarbeiten, die sowohl im Bereich der erneuerbaren Energien als auch in der Technologiebranche tätig sind. Diese Investoren teilen unsere Vision und unser Vertrauen in die Zukunft dieses Projekts. Ihre Beteiligung ist ein klarer Indikator dafür, dass unser Vorhaben nicht nur wirtschaftlich tragfähig ist, sondern auch von wichtigen Akteuren als zukunftsweisend angesehen wird.

Gibt es bereits Partnerschaften mit Forschungseinrichtungen und Universitäten?
Ja, diese Zusammenarbeiten sind für uns ein zentraler Bestandteil des Projekts. Wir sind seit Februar 2024 in Gesprächen mit mehreren renommierten Hochschulen und Forschungseinrichtungen und haben bereits mehrere Verträge, bzw. Partnerschaften unterzeichnet, die sich auf die Entwicklung von innovativen Technologien im Bereich der Energiegewinnung und Speicherung konzentrieren. Unser Ziel ist es, das Projekt nicht nur als wirtschaftlichen, sondern auch als wissenschaftlichen Knotenpunkt zu etablieren, der wegweisende Forschung und Entwicklungen ermöglicht. Diese Kooperationen sollen sicherstellen, dass wir sowohl aktuelle als auch zukünftige Herausforderungen in diesen Bereichen meistern können, während wir gleichzeitig das Fachwissen von Experten und jungen Talenten einbeziehen.

Ist Laufenburg gegenüber den grossen Mitkonkurrenten in Sachen Rechenzentren in Amerika oder eben Asien rein vom finanziellen Aspekt her der richtige Standort?
In erster Linie geht es uns mit dem Batteriespeicher darum, im Bereich der Energiewende die Netzstabilität und Spannungssicherheit des Schweizer Strommarktes sicherzustellen. Um dies realisieren zu können, gibt es weltweit nur einen einzigen Standort; der Stern von Laufenburg.

Laufenburg mag auf den ersten Blick im Vergleich zu Standorten in Amerika oder Asien weniger offensichtlich erscheinen, bietet jedoch klare, einzigartige strategische Vorteile, die es zu einem äusserst attraktiven Standort für unser Vorhaben machen.

Die wären?
Laufenburg liegt im Herzen Europas und bietet somit eine exzellente Anbindung an die europäischen Märkte sowie die weltweit beste Anbindung an das Stromnetz mit 41 Grenzleitungen. Die stabile politische und wirtschaftliche Lage der Schweiz sowie die hohe Rechtssicherheit schaffen ideale Rahmenbedingungen für Investitionen in Grossprojekte wie unseres. Zudem profitieren wir von einer starken digitalen Infrastruktur und einem gut ausgebildeten Fachkräfte-Netzwerk in der Region. Die Nähe zu führenden Forschungseinrichtungen und Universitäten in der Schweiz eröffnet weitere Innovationspotenziale. Diese Kombination aus Infrastruktur, Nachhaltigkeit und Fachwissen macht Laufenburg zu einem strategisch idealen Standort, auch im globalen Vergleich.

Dass sich daraus verschiedene Synergien für das KI-Rechenzentrum ableiten lassen, liegt auf der Hand.

Sie bauen in Laufenburg nach eigenen Aussagen den bisher grössten Redox-Flow-Speicher der Welt.
Unser Redox-Flow-Speicher in Laufenburg wird tatsächlich der grösste seiner Art weltweit. Im Gegensatz zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien, die oft in grossen Mengen Rohstoffe wie Lithium und Kobalt benötigen, setzt der Redox-Flow-Speicher auf eine Flüssigkeitstechnologie. Das bedeutet, die Energie wird in flüssigen Elektrolyten gespeichert, die durch Tanks fliessen, was nicht nur eine längere Lebensdauer ermöglicht, sondern auch die Brandgefahr eliminiert.

Was ist seine Aufgabe in Laufenburg?
Die ist sehr zentral: Er soll Schwankungen durch erneuerbare Energien im Stromnetz ausgleichen. Da wir in der Schweiz und Europa viel erneuerbare Energie haben, wird der Redox-Flow-Speicher dazu beitragen, überschüssigen Strom zu speichern und ihn genau dann verfügbar zu machen, wenn er gebraucht wird – auch bei Spitzenlasten oder wenn mal der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Er wird dafür sorgen, dass wir jederzeit gut versorgt sind, ohne dass wir dabei unnötig auf fossile Energien zurückgreifen müssen.

Ganz naiv gefragt, wie kann mit dem Batteriespeicher Geld verdient werden?
Das ist gar nicht so naiv! Ein grosser Batteriespeicher wie der Redox-Flow-Speicher bietet verschiedene Wege, Geld zu verdienen.

Nennen Sie uns einige Beispiele?
Netzstabilisierung: Der Speicher kann dazu verwendet werden, Schwankungen im Stromnetz auszugleichen, besonders in Zeiten von hoher Nachfrage oder wenn erneuerbare Energien (Wind, Sonne) mal weniger liefern. Dafür gibt es von Netzbetreibern Vergütungen, weil der Speicher hilft, das Netz stabil zu halten.

Peak Shaving: In Zeiten, in denen der Strompreis besonders hoch ist – Stichwort «Spitzenlastzeiten» –, kann der gespeicherte Strom ins Netz eingespeist werden. So lässt sich Strom verkaufen, wenn er am wertvollsten ist.

Energiespeicherung für eigene Nutzung: Strom kann in Zeiten günstiger oder überschüssiger Produktion gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt genutzt oder verkauft werden, wenn die Preise steigen.

Vermietung von Speicherkapazitäten: Unternehmen, insbesondere solche, die viel Strom brauchen oder grossen Wert auf eine unterbrechungsfreie Stromversorgung legen, können Speicherkapazitäten «mieten», um ihre eigene Versorgungssicherheit zu erhöhen.

Kurzum: Der Speicher kann als eine Art «Energiebank» genutzt werden, bei der Strom «angelegt» und bei Bedarf mit Gewinn «abgehoben» werden kann.


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