Vom Flachs zum Leinenkleid

  20.04.2024 Nordwestschweiz

Der längst in Vergessenheit geratene Flachsanbau und dessen Verarbeitung soll mit einem Projekt in Maisprach mit verschiedenen Aktionen gezeigt werden.

Stephan Schöttli

MAISPRACH. Der Flachs blüht im Sommer leuchtend blau und aus dem Flachs können Leinsamen und Leinenfasern gewonnen werden. Gemäss der Sprachforschung hat der neue heute gängige Ausdruck «eine Fahrt ins Blaue» seinen Ursprung tatsächlich in den früher sehr verbreiteten blau blühenden Flachsfeldern. Mit dem stetigen Auf kommen der Baumwolle wurde der einheimische Flachsanbau hierzulande abgelöst und nahezu eingestellt. Einer alten Tradition, die auch in unserer Gegend heimisch war, soll mit diesem Projekt neues Leben eingehaucht werden, um den meisten dieses, bis jetzt unbekannte Handwerk, etwas näher bringen. Der Vogelschutz-, Heimatschutz- und Verschönerungsverein Maisprach, kurz VVM ist in Sachen Natur- und Heimatschutz ein sehr aktiver Verein. Dies kommt auch in dem kürzlich gestarteten Projekt Flachs 2024 der vereinsinternen Museumsgruppe voll zum Tragen.

Das Museum kommt zu den Leuten
Das Konzept mit Aktionen «Dorfmuseum» an Anlässen im Dorf anzuhängen, entstand im Jahr 2001. Hintergrund der Idee war der Umstand, dass viele Dorfmuseen in der Region zu dieser Zeit nur noch wenige Besuchende hatten. Also drehte man den Spiess einfach um und ging zu den Leuten. Das soeben gestartete Projekt der Museumsgruppe des VVM «Flachs 2024» ist das beste Beispiel dafür. Die Menschen sollen teilhaben und auch teilnehmen. Und so befindet sich das ausgewählte Landstück für den Flachsanbau nicht irgendwo, sondern mitten im Dorf direkt neben der Bushaltestelle Richtung Rheinfelden. Denn das Zuschauen, Fragen, Austauschen und Mitmachen der Bevölkerung ist bei diesem Projekt ausdrücklich erwünscht. Und so wundert es auch nicht, dass der Zeitplan dieses Projekts mittels einer Infotafel vor Ort und via Aushang und Gemeinde-App für alle verfolgbar ist.

Die Einsaat der Leinsamen
Anfang April startete das Projekt «Flachs 2024» mit der Einsaat der Leinsamen und dies bei fast schon sommerlichen Temperaturen. Dabei konnten der Präsident des Vereins, Christoph Schaub, und Jessica Baumgartner, zuständig für Projekte und Museumsgruppe, zahlreiche Mitglieder der Projektgruppe und weitere Interessierte aus dem Dorf begrüssen. Mit dabei war auch der in Maisprach wohnhafte Jürg Matt, welcher in der Region nicht nur vom Naturschutz her bekannt ist, sondern auch für sein grosses Engagement als Regisseur und gewiefter Manager zahlreicher Theaterproduktionen. Er hatte die Idee und stiess beim VVM auf offene Ohren. Etwa Mitte Mai folgt dann das sogenannte «Steckeln und Fädnen», wo mit Hilfe von Pfählen und Stickel die Schnüre gezogen werden, damit der Flachs gerade wachsen kann. Während der Woche zwischen dem 20. und 27. Juli ist die Ernte sowie das Auf hängen der Bündel beim Werkhof geplant. Anlässlich der Bundesfeier am 1. August ist im alten Feuerwehrmuseum ein kurzes Theater geplant, welches zurzeit des Flachsanbaus im letzten Jahrhundert spielt. Weiter folgen Mitte August die Samengewinnung und das Auslegen zum Rotten, das Trocknen sowie im Oktober, anlässlich des diesjährigen Maispracher Bauern- und Flohmarkts, das Brechen, Hecheln, Spinnen und Weben der gewonnenen Fasern. Geplant ist gegen Jahresende auch eine Leinen-Werkstatt, wo das Nähen und Gestalten des Rohmaterials gezeigt werden soll.

Und wer weiss, vielleicht entsteht aus dem gesäten und verarbeiteten Maispracher Flachs noch in diesem Jahr in der Leinenwerkstatt ein Tuch oder Kleidungsstück.


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